60 Jahre Forschung an Grenzflächen – Fraunhofer IGB feiert Jubiläum

Fraunhofer IGB Presseinformation /

Mit einem Festsymposium feiert das Stuttgarter Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB am 25. September 2013 sein 60-jähriges Bestehen. Das Forschungsspektrum des Instituts, das aus einem kleinen, 1953 in der Pfalz gegründeten Forschungslabor für Physik und Chemie der Grenzflächen hervorging und 1969 an den Hochschulstandort Stuttgart zog, wurde im Laufe der Jahre kontinuierlich erweitert. Heute arbeiten mehr als 300 Mitarbeiter in Stuttgart und Projektgruppen in Würzburg, Straubing und Leuna in den Geschäftsfeldern Medizin, Pharmazie, Chemie, Umwelt und Energie.

60 Jahre Forschung an Grenzflächen - Fraunhofer IGB feiert Jubiläum
© Fraunhofer IGB
Mittels Plasmatechnik wurde die Oberfläche des Schriftzugs IGB hydrophil ausgerüstet. Wasser bildet hier einen gleichmäßig benetzenden Film, während es an den nicht behandelten Stellen abperlt.
Institutsleiter Prof. Thomas Hirth mit dem Fraunhofer Präsidenten Prof. Reimund Neugebauer.
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Institutsleiter Prof. Thomas Hirth mit dem Fraunhofer Präsidenten Prof. Reimund Neugebauer.

In diesem Jahr feiert das Fraunhofer IGB sein 60-jähriges Bestehen. 1953 als kleines Forschungslabor für Physik und Chemie der Grenzflächen in Kirchheimbolanden in der Pfalz gegründet, trägt das Institut auch heute noch die Grenzflächen in seinem Namen. An einer Grenzfläche, der nur wenige Atom- oder Moleküllagen dünnen Übergangsschicht zwischen zwei Phasen oder Stoffen, ändern sich die physikalisch-chemischen Eigenschaften nahezu sprunghaft. So sind Grenzflächen der Ort, an dem das Neue geschieht – und mit vielfältigen Wechselbeziehungen der Grenzflächenforschung zu anderen Disziplinen werden heute am Institut Innovationen realisiert.

Am 25. September 2013 würdigen der Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft Prof. Dr. Reimund Neugebauer, der Rektor der Universität Stuttgart Prof. Dr. Wolfram Ressel sowie Vertreter des Bundes und des Landes Baden-Württemberg mit Grußworten in einem Festsymposium die Entwicklung des IGB zu einer innovativen Forschungseinrichtung, die, geprägt durch die jeweiligen Institutsleiter, die Forschung an Grenzflächen-phänomenen entscheidend mitbestimmt hat. Die heutigen Kompetenzbereiche des IGB beleuchten Prof. Dr. Wolfgang Peukert von der Universität Erlangen und Prof. Dr. Christoph Syldatk vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) in Festvorträgen zur Grenzflächenverfahrenstechnik und Bioverfahrenstechnik. Nachwuchswissenschaftler aus dem IGB präsentieren in Kurzvorträgen innovative Ideen und Forschungsansätze aus dem Umfeld ihrer Forschungsschwerpunkte. Dr. Johannes Strümpfel, Von Ardenne GmbH, und Dr. Markus Wolperdinger, Linde Engineering Dresden GmbH, runden das Programm mit Vorträgen aus Sicht der Industrie ab.

Die Wurzeln des IGB liegen in der Pfalz, wo der renommierte Physiker und Chemiker Prof. Dr. Karl Lothar Wolf 1953, zunächst in den Räumen des Gymnasiums, ein Laboratorium für Physik und Chemie der Grenzflächen aufbaute, um sich den Grenzflächenvorgängen an pulverförmigen Festkörpern zu widmen. Kurze Zeit später wurde das Institut ins nah gelegene Marienthal verlegt und 1962 mit einer Handvoll Mitarbeiter von der noch jungen Fraunhofer-Gesellschaft als Fraunhofer-Institut für Physik und Chemie der Grenzflächen IGf übernommen. Als das Institut 1969 an den Hochschulstandort Stuttgart zog, übernahm Prof. Dr. Karl Hamann, Direktor des 2. Instituts für Technische Chemie der Universität Stuttgart und Leiter des florierenden Stuttgarter AiF-Instituts »Forschungsinstitut für Pigmente und Lacke e. V.«, die kommissarische Leitung.

1976 wurde der in der Medizintechnik tätige Verfahrenstechniker Dr.-Ing. Horst Chmiel vom Helmholtz-Institut in Aachen Nachfolger des aus Altersgründen ausgeschiedenen Hamann. Unter seinem Einfluss wurde die Bioverfahrenstechnik am Institut aufgebaut und das Institut noch stärker anwendungsorientiert auf die Verfahrenstechnik fokussiert. So erhielt das Institut seinen heutigen Namen Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik, kurz IGB. Einen neuen Schwerpunkt bildeten fortan medizinische Grenzflächenprobleme, quasi als Nahtstelle zwischen den Grenzflächen und der neuen Arbeitsrichtung Medizinische Verfahrenstechnik. Bereits 1978 wurde das heute noch zentrale Gebiet der Umweltbiotechnologie aufgebaut, um Bioprozesse zu entwickeln und zu optimieren – beispielsweise für die Gewinnung von Biogas aus landwirtschaftlichen Abfällen wie Gülle und Klärschlamm, für die Optimierung der Abwasserreinigung und für die Nutzung der Bioverfahrenstechnik für die Produktion von organischen Säuren. 1979 als Schwerpunkt »Transportvorgänge durch Membranen« vorrangig für den Bereich Medizintechnik begonnen, konnte das Institut zudem die Membrantrenntechnik innerhalb weniger Jahre auf weitere Anwendungen wie Produktaufarbeitung oder Umwelttechnik ausweiten und zu einem Forschungsgebiet mit großer industrieller Relevanz entwickeln.

Mit dem Einzug in ein neues Gebäude mit modern ausgestatteten Labors in Stuttgart-Vaihingen am heutigen Stuttgarter Fraunhofer-Campus 1981 legten die Fraunhofer-Gesellschaft und das Land den Grundstein zu einer fruchtbaren Kooperation der Fraunhofer-Institute zu den naturwissenschaftlichen und technischen Instituten der Universität.

Nach der Berufung Professor Chmiels an die Universität Saarbrücken wurde Prof. Dr. Armin Fiechter von der ETH Zürich zum kommissarischen Institutsleiter berufen, bis 1994 Prof. Dr. techn. Herwig Brunner von Boehringer Mannheim als Institutsleiter an das Fraunhofer IGB kam. Brunner holte eine Hannoveraner Fraunhofer-Arbeitsgruppe an das IGB, die sich mit der rekombinanten Herstellung und dem Proteindesign von pharmazeutischen Proteinen beschäftigte. Mit einer Nachwuchsforschergruppe zu Proteinscreeningsystemen vertiefte er die molekularbiologischen Kompetenzen auch in Stuttgart und mit der Nachwuchsforschergruppe Biomimetische Grenzflächen baute er eine Brücke von der Biotechnologie zur Grenzflächenverfahrenstechnik. Ebenso stärkte er die Zellbiologie und baute sie zur Zellsystemforschung aus. Zudem trieb Brunner die Verbindung von Naturwissenschaften und Ingenieurwissenschaften voran.

Seit Ende 2007 leitet Prof. Dr. Thomas Hirth, der vom Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT an das IGB kam, das Institut. Er fokussierte das verfahrenstechnische Institut auf die bedarfsorientierten Geschäftsfelder Medizin, Pharmazie, Chemie, Umwelt und Energie und richtete es damit auf die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts aus. Mit seinem Netzwerk in der industriellen Biotechnologie brachte er die stoffliche Nutzung nachwachsender Rohstoffe, ein Thema, an dem das IGB in den Grundzügen schon in der Vergangenheit forschte, an das IGB zurück. Gleichzeitig verankerte er die Themen Bioökonomie und Nachhaltigkeit am IGB, in der Fraunhofer-Gesellschaft und ebenso in der bundesdeutschen und baden-württembergischen Forschungspolitik. Darüber dehnte Hirth mit Projektgruppen zur Onkologie, zur Chemo- und Biokatalyse und einem Fraunhofer-Zentrum für Chemisch-Biotechnologische Prozesse die Wirkungsstätten auf die Standorte Würzburg, Straubing und Leuna aus. Im Jubiläumsjahr 2013 schließlich gelang es, mit der Integration des Instituts für Plasmaforschung (IPF) in das dem IGB eng verbundene Institut für Grenzflächenverfahrenstechnik IGVT der Universität, die Plasmaaktivitäten in Stuttgart zu bündeln und gleichzeitig die Wurzeln des IGB in der Grenzflächentechnik zu kräftigen. Heute erarbeiten mehr als 300 Mitarbeiter am IGB in Stuttgart und seinen Projektgruppen in Würzburg, Straubing und Leuna in den Geschäftsfeldern Medizin, Pharmazie, Chemie, Umwelt und Energie einen Betriebshaushalt von über 20 Mio Euro.

Abdruck honorarfrei, Belegexemplar erbeten.