Ausgezeichnetes Tissue-Engineering-Verfahren für die regenerative Medizin

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Gemeinsam mit einem Ärzteteam der Klinik Schillerhöhe, Standort des Robert-Bosch-Krankenhauses Stuttgart, entwickeln Wissenschaftler am Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB ein neues Behandlungsverfahren, schwere Luftröhrenverletzungen mit körpereigenem, im Labor gezüchteten Gewebe zu verschließen. Thorsten Walles, Oberarzt an der Klinik Schillerhöhe und Gastwissenschaftler am Fraunhofer IGB, wurde hierfür am 20. April 2010 mit dem von-Langenbeck-Preis der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie ausgezeichnet.

© P. Schmalfedt
Verleihung des von-Langenbeck-Preises am 20. April 2010 in Berlin. Von links nach rechts: Prof. Dr. med. R. Gradinger, Präsident der DGCH, Priv.-Doz. Dr. med. T. Walles, Prof. Dr. med. C. M. Seiler, Prof. Dr. med. H. Bauer, Generalsekretär der DGCH.
© T. Walles
Mit einem gezüchteten menschlichen Gewebetransplantat wird die Luftröhrenverletzung eines Patienten operativ verschlossen.

Größere Verletzungen der Luft- und Speiseröhre, etwa nach Unfällen oder Tumorerkrankungen, sind bislang nicht behandelbar. Patienten können nur mit dauerhafter intensiver Krankenhausbehandlung überleben. Dank der regenerativen Medizin, bei der die Funktion geschädigter Gewebe durch Ersatz, beispielsweise mit Hilfe gezüchteter Zellen, wiederhergestellt wird, könnte sich dies in absehbarer Zeit ändern.

In Zusammenarbeit mit Professor Heike Walles, Leiterin der Abteilung Zellsysteme am Fraunhofer IGB, entwickelt ein Ärzteteam um Privat-Dozent Dr. Thorsten Walles, Oberarzt an der zum Robert-Bosch-Krankenhaus gehörenden Klinik Schillerhöhe, ein Verfahren, Patienten mit schweren Luft- oder Speiseröhrenverletzungen künstlich hergestelltes körpereigenes Gewebe operativ einzusetzen. Das Implantat basiert auf einer Trägerstruktur, deren Zusammensetzung derjenigen menschlichen Gewebes ähnelt. »Auf dieser Trägerstruktur siedeln wir Zellen des Patienten an und kultivieren diese in speziellen Bioreaktoren unter physiologischen Bedingungen«, erklärt Heike Walles. Innerhalb von vier bis fünf Wochen entsteht so mit Methoden des Tissue Engineering körpereigenes Gewebe mit einem eigenen Blutgefäßsystem.

»Wir haben für bisher drei Patienten mit größeren Organdefekten an Luft- und Speiseröhre mit diesem derzeit noch experimentellen Verfahren Ersatzgewebe aus körpereigenen Zellen nachgezüchtet und hiermit die Verletzungen im Rahmen einer Operation verschlossen«, sagt Thorsten Walles. Sollte sich das Therapieverfahren im klinischen Einsatz bewähren, ist es auf andere Anwendungsgebiete in der Chirurgie übertragbar. Medizinische Transplantate können am Fraunhofer IGB unter GMP-Bedingungen (Good Manufacturing Practice) für klinische Studien hergestellt werden.

Die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie (DGCH) hat im Rahmen ihrer Eröffnungsveranstaltung zur diesjährigen Jahrestagung in Berlin am 20. April 2010 die besonderen wissenschaftlichen Leistungen auf dem Gebiet der Chirurgie von Priv.-Doz. Dr. med. Thorsten Walles mit dem renommierten von-Langenbeck-Preis und damit erstmals ein zukunftsweisendes Behandlungsverfahren aus dem Bereich der regenerativen Medizin ausgezeichnet.

Der von-Langenbeck-Preis ist die höchstdotierte Auszeichnung der DGCH und wird jährlich einem Mitglied für die beste eingereichte Arbeit auf dem gesamten Gebiet der Chirurgie oder ihrer Grenzgebiete verliehen. In diesem Jahr wurden zwei gleichwertige Arbeiten ausgezeichnet.