Anaerobe Abwasserreinigung in der Lebensmittelindustrie

Viele größere Betriebe in der Lebensmittelindustrie verfügen wegen des hohen CSB-Aufkommens ihrer Abwässer über eine eigene biologische Kläranlage, die meistens traditionell aerob betrieben wird. Diese Anlagen erfordern oft einen hohen Energieeinsatz zur Belüftung und Durchmischung. Zudem erzeugen sie als Endprodukte Kohlendioxid und große Mengen Klärschlamm, der heutzutage kostenintensiv (50–90 € pro Tonne) entsorgt werden muss.

Eine Alternative, die diese Nachteile vermeidet, bietet der Einsatz von moderner Anaerobtechnik. Hierbei wird energetisch nutzbares Biogas gebildet und das Schlammaufkommen um den Faktor zehn reduziert. Gerne untersuchen wir auch Ihr Abwasser.

Rückhaltung der Biomasse

Schemazeichnung des Festbettumlaufreaktors.
Bild 1: Schemazeichnung des Festbettumlaufreaktors.

Charakteristisch für die anaerobe Umsetzung ist der geringe Zuwachs von Biomasse, da der Großteil der in den Abwasserkomponenten enthaltenen Energie in das Endprodukt Methan übergeht und damit nicht zur Biomassebildung zur Verfügung steht. In einem Forschungsprojekt für ein Unternehmen der milchverarbeitenden Industrie sollte die Abwasserreinigung bei Umgebungstemperatur erfolgen, was vor allem im Winter die Umsatzraten und die Biomassebildung verringert. Damit hohe Umsätze erreicht werden können, muss die Biomasse daher im Reaktor zurückgehalten und aufkonzentriert werden. Dies kann auf zweierlei Arten erfolgen: durch Immobilisierung der Biomasse auf einem Trägermaterial, z. B. in einem Festbettreaktor, oder durch mechanische Rückhaltung, z. B. durch Filtration in einem Membranfilterreaktor.

Festbettreaktor mit periodischer Umwälzung

Der Festbettreaktor (Bild 1) enthält zur Rückhaltung der Biomasse eine mineralische Schüttung (Festbett). Die Abwasserinhaltsstoffe werden während der Passage durch das Bett von der hierauf immobilisierten Biomasse umgesetzt, es liegt also eine Rohrreaktorcharakteristik vor. Durch den allmählichen Zuwachs an Biomasse kommt es jedoch normalerweise zum Verblocken der Schüttung und zur Kanalbildung, was im Lauf der Zeit den Umsatz verringert. Im vorliegenden Fall kann durch ein zentrales Förderrohr und die besondere Ausformung des Reaktors das Festbett  periodisch umgewälzt werden und damit wieder von überschüssiger Biomasse befreit werden. Der Umsatz kann so über lange Zeiträume konstant gehalten werden.

Membranfilterreaktor

Schemazeichnung des Membranfilterreaktors mit Rotationsscheibenfilter (RSF).
Bild 2: Schemazeichnung des Membranfilterreaktors mit Rotationsscheibenfilter (RSF).

Der Membranfilterreaktor (Bild 2) ist ein vollständig über einen Gaskreislauf durchmischter Reaktor. Hieran ist ein neuartiger Rotationsscheibenfilter angekoppelt, der die Biomasse zurückhält und ein biomassefreies Permeat als Hauptablaufstrom produziert. Der Rotationsscheibenfilter ist ein am Fraunhofer IGB entwickeltes, kontinuierlich betreibbares, energieoptimiertes Filtrationsgerät mit keramischer Trennfläche und langen Filterstandzeiten. Durch den zusätzlichen Abzug einer geringen Menge des Reaktorinhalts kann die Biomassekonzentration im System konstant gehalten werden.

Ergebnisse des Testbetriebs

Der Versuchsbetrieb der beiden Reaktoren im Technikumsmaßstab hat gezeigt, dass die Umsatzraten wesentlich höher sind als bei der beim Industriepartner in Betrieb befindlichen aeroben Anlage. Diese weist eine Abwasserverweilzeit von 6 Tagen bei einer Raumbelastung von 0,5 kg CSB/m3d auf. Mit unseren anaeroben Versuchsanlagen wurde eine Raumbelastung von etwa 4 kg CSB/m3d bei einer Flüssigkeitsverweilzeit von ca. 12 Stunden erreicht, wobei der CSB-Abbau größer als 80 Prozent war. Die Gasproduktionsrate beträgt etwa 0,4 l Biogas/g CSB. Durch die energetische Nutzung des Biogases über Kraft-Wärme-Kopplung haben derartige Anlagen in der Regel eine positive Energiebilanz, verbunden mit den Kosteneinsparungen, die sich aus dem drastisch verminderten Schlammaufkommen ergeben.

Der Festbettumlaufreaktor hat den Vorteil des einfachen Aufbaus, es wird aber kein biomassefreier Ablauf erreicht, ein Teil der Biomasse ist durch die Immobilisierung prinzipbedingt substratlimitiert und das Scale-up ist schwieriger. Der Membranfilterreaktor hat einen biomassefreien Ablauf, die Biomassekonzentration ist gut kontrollierbar und das Scale-up ist einfach. Er sollte als volldurchmischtes System mindestens zweistufig betrieben werden.