Neues Verbundprojekt macht Herstellung von Biokraftstoffen effizienter

Biokraftstoffe mit Strom boostern

Presseinformation | Straubing /

In einem zu Jahresbeginn gestarteten Projekt unter Koordination der Technischen Universität München (TUM) will ein Bündnis aus Forschungsinstitutionen und Unternehmen den ökologischen Fußabdruck des Verkehrssektors senken. Dazu entwickeln die Beteiligten ein Raffineriekonzept, um erneuerbare Kraftstoffe im Tonnenmaßstab für eine Vielzahl von Anwendungen zu produzieren. Die Forschenden kombinieren dafür die Herstellung von E-Fuels mit der von fortschrittlichen Biokraftstoffen.

Neben der Demonstrationsanlage am TUM Campus Straubing produzieren Forschende auch an acht weiteren Standorten neue Kraftstoffe.
© Jan Winter/TUM
Neben der Demonstrationsanlage am TUM Campus Straubing produzieren Forschende auch an acht weiteren Standorten neue Kraftstoffe.

In Deutschland stehen verschiedene Technologien wie Brennstoffzellen, Batterien oder erneuerbare Kraftstoffe bereit, um CO2-Emissionen im Verkehrssektor zu minimieren. Die Elektromobilität alleine reicht nicht aus, um den Verkehr klimaneutral zu gestalten. Bestandsflotten sowie schwer zu elektrifizierende Anwendungen etwa in der Schiff- und Luftfahrt benötigen noch auf lange Zeit erneuerbare Kraftstoffe in großen Mengen.

 

Erneuerbare Kraftstoffe ganzheitlich gedacht

Bei der Herstellung von E-Fuels, also unter Anwendung von erneuerbarem Strom und CO2 produzierte synthetische Kraftstoffe, bestehen in der nachhaltigen Bereitstellung von Kohlenstoff noch Herausforderungen – ebenso bei fortschrittlichen, aus biogenen Reststoffen hergestellten Biokraftstoffen. Diese sind in der Nutzung von Kohlenstoff wenig effizient, weil bis zu 50 Prozent des in der Biomasse verfügbaren Kohlenstoffes bei der Umwandlung zu Kraftstoffen als CO2 verloren geht. Dies vergrößert den Rohstoffbedarf.

Im neuen Verbundprojekt »Synergy Fuels« wollen die Forschenden diese Herausforderungen meistern, indem sie E-Fuels- mit Biokraftstoff-produzierenden Demonstrationsanlagen zusammenschalten. »Die stoffliche und energetische Integration der Synthesen von E-Fuels und Biokraftstoffen schafft Synergien: Die Nutzung von erneuerbarem Strom zur Umwandlung von CO2 zu flüssigen Kraftstoffen erhöht die Kohlenstoffeffizienz der biotechnologischen Verfahren. Zudem ermöglicht die langfristige Kohlenstoffbindung in Form des Nebenprodukts Pflanzenkohle sogar negative CO2-Emissionen, also eine netto Kohlenstoffabscheidung aus der Atmosphäre«, sagt Projektkoordinator Prof. Dr.-Ing. Jakob Burger, Professor für Chemische und Thermische Verfahrenstechnik am TUM Campus Straubing für Biotechnologie und Nachhaltigkeit.

So nutzt der Verbund Abwärme aus den (thermo-)chemischen Synthesen (z. B. der Methanolsynthese) für die Produktaufarbeitung. Wesentlich ist auch die Bereitstellung von biogenem CO2 für die Methanolsynthese sowie von biogenem Wasserstoff durch die thermochemische Konversion von Biomassereststoffen. Dadurch wird die Nutzung fossiler CO2-Quellen, beispielsweise Abgase der Verbrennung von Kohle oder Erdgas, oder eine aufwändige CO2-Abscheidung aus der Atmosphäre umgangen.

© Fraunhofer IGB
An dieser Screeningstation entwickelt das Fraunhofer IGB die Prozessschritte zur Umwandlung von CO2 aus Prozessgasen zu E-Fuels wie Kerosin und Diesel.

Kerosin und Diesel aus CO2

Das Fraunhofer IGB konzentriert sich in SynergyFuels auf die heterogenkatalytische Synthese von Mitteldestillatkraftstoffen, also Kerosin und Diesel, aus CO2 und erneuerbarem Strom. Die zu entwickelnde Prozessroute verläuft über Alkohole und Olefine als Zwischenprodukte. Das CO2 stammt direkt aus technischen Prozessgasen, zum einen aus der fermentativen Ethanolproduktion, zum anderen der thermokatalytischen Biomassekonversion. »So gelingt es uns, Power-to-X- und Biomasse-basierte Verfahren wertschöpfend zu verbinden. Dabei ist uns wichtig, nicht nur linear entlang einzelner Prozessketten zu denken, sondern wie in einer Raffinerie verschiedene Stoffströme durch Prozessvernetzung möglichst effizient zu nutzen«, stellt Dr. Arne Roth, Projektleiter am Fraunhofer IGB in Straubing, klar. Die Arbeiten erfolgen dabei von kleinskaligen Tests im Labor bis in den Technikumsmaßstab zur Produktion von Kraftstoffmustern.

 

Schnelle Markteinführung der produzierten Kraftstoffe

»Wir benötigen hocheffiziente Verfahren, um nachhaltige Drop-in-Kraftstoffe in industriellen Mengen zu vertretbaren Preisen herzustellen. Unser Verbund pilotiert diese Verfahren, damit eine schnelle Markteinführung der neuen Kraftstoffe gelingt«, sagt Prof. Burger. Drop-in bedeutet, dass die Kraftstoffe nahtlos dem bestehenden Kraftstoffpool zugemischt werden können und so die fossilen Kraftstoffe ersetzen, ohne die Motoren technisch zu ändern.

In den Raffinerieverbund werden in den nächsten vier Jahren neun Syntheseanlagen in Ostbayern integriert, darunter bestehende in Straubing und Sulzbach-Rosenberg. Diese Anlagen produzieren eine breite Palette von erneuerbaren Kraftstoffen im Tonnenmaßstab. Die Projektbeteiligten überprüfen deren physikalische Eigenschaften wie Schmierfähigkeit oder Kälteverhalten. Anwendungspartner aus den Bereichen Luft- und Schifffahrt sowie Fahrzeuge und mobile Maschinen demonstrieren die Eignung der Kraftstoffe im Realbetrieb.

An dem Projekt »Synergien durch Integration von Biomassenutzung und Power-to-X in der Produktion erneuerbarer Kraftstoffe (Synergy Fuels)« beteiligen sich neben der TUM als Koordinator und dem Fraunhofer IGB auch das Technologie- und Förderzentrum (TFZ), das Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik (UMSICHT) sowie die Industrieunternehmen Clariant, Martech GmbH und Volkswagen AG. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) fördert das Vorhaben über die Förderrichtlinie »Maßnahmen zur Entwicklung regenerativer Kraftstoffe« mit 13,6 Millionen Euro.