Genomics für die weiße und Umweltbiotechnologie

NGS-Genomanalysen setzen wir auch zur Charakterisierung von Mikroorganismen für die industrielle Biotechnologie ein. Darüber hinaus entwickeln wir Verfahren zur qualitativen und quantitativen Erfassung komplexer mikrobieller Metagenome und -transkriptome für die Umweltbiotechnologie.

Industrielle Biotechnologie

Transkriptomanalysen zur Analyse aktiver Gene

NGS-Genomanalysen setzen wir auch für experimentelle Transkriptomanalysen ein, um beispielsweise herauszufinden, welche Gene von Baktkerien- oder Pilzstämmen für die Synthese gewünschter Produkte aktiv sind.

Ein Beispiel ist die Analyse der Gene im Genom von Pseudozyma aphidis für die Synthese von Biotensiden. Der Pilz produziert eine einzigartige Kombination vier verschiedener Biotensidvarianten, die sich für jeweils unterschiedliche Einsatzgebiete in der Kosmetik oder als Reinigungsmittel eignen. Hier konnte ein Cluster aus fünf nebeneinander liegenden Genen identifiziert werden, das die Information für die Synthese der Biotenside enthält. Dieses Wissen liefert die Grundlage, um die Gene für drei Varianten zugunsten einer höheren Ausbeute an nur einer Variante auszuschalten – Voraussetzung für den wirtschaftlichen Einsatz als Biotensidproduzent.   

Identifizierung neuer Enzyme

Ein weiteres Beispiel ist ein integrierter Ansatz zur Identifizierung neuer Enzyme der P450-Familie zur gezielten Umsetzung von Feinchemikalien für industrielle Prozesse. Hier haben wir mit der De-novo-Sequenzierung, der funktionellen Annotierung der Genome sowie durch die Identifizierung aktiver Gene mittels Genexpressionsanalysen in nicht-charakterisierten Bakterien und Pilzen zum Projekterfolg beigetragen.

Umweltbiotechnologie

Charakterisierung von Mikroorganismen-Populationen in Biogasanlagen

Da durch die direkte Sequenzierung einer Mikroorganismen-Probe der aufwendige Schritt der Kultivierung im Labor entfällt, können selbst solche Mikroorganismen identifiziert werden, deren natürliche Wachstumsbedingungen experimentell nur unzureichend nachgestellt werden können. Beispiel für eine solche, dazu extrem heterogene, mikrobielle Gemeinschaft mit bis zu hunderten unterschiedlicher Bakterien sind Biogasanlagen. Denn obschon die Biogasproduktion ein seit langem eingesetztes Verfahren ist, sind die beteiligten Mikroorganismen und ihre Reaktionswege noch weitgehend unbekannt.

In verschiedenen Projekten liegt unser Fokus darauf, die komplexen Zusammensetzungen und Interaktionen der an der Biogasproduktion beteiligten mikrobiellen Gemeinschaften mittels Metagenom- und Metatranskriptomanalysen über Next-Generation Sequencing (NGS) zu identifizieren. Mittels bioinformatischer Methoden konnten bereits über 200 am Biogasprozess beteiligte Arten identifiziert und deren Anteile an der gesamten Biozönose bestimmt werden. Ziel ist es, die entsprechenden Prozesse gezielter steuern und im Hinblick auf höhere Biogasausbeuten optimieren zu können.

 

Synthetische Biologie

Die synthetische Biologie vereint Aspekte der Ingenieurwissenschaften, Chemie, Informatik und Biologie. In den letzten Jahren haben sich dabei verschiedene Forschungsfelder der synthetischen Biologie etabliert. Diese umfassen beispielsweise die De-novo-Entwicklung ganzer Organismen, die Nutzung von »building bricks«, mit denen maßgeschneiderte Synthesewege zur Herstellung etwa von chemischen Grundstoffen aufgebaut werden können, sowie die orthogonalen Biosysteme, welche als wertvolle Werkzeuge der Proteinbiochemie für die Herstellung modifizierter, synthetischer Proteine genutzt werden können.

Durch den Einbau synthetischer Aminosäuren ermöglicht es die synthetische Biologie, einzelne Proteine gezielt zu verändern. In unserer Arbeitsgruppe verwenden wir verschiedene orthogonale Pärchen, um synthetische Aminosäuren, insbesondere mit Photocrosslinker-Eigenschaften, gezielt in einzelne Proteine integrieren zu können. Diese Ansätze nutzen wir beispielsweise, um Virulenzfaktoren des humanpathogenen Pilzes Candida albicans bezüglich ihrer Protein-Protein-Interaktionen zu analysieren.

Die synthetische Biologie bietet darüber hinaus eine enorme Vielfalt an Lösungsansätzen für aktuelle Fragestellungen in den Forschungsfeldern Pharmazie, Medizin und Biologie.