Anti-Eis-Beschichtungen

Herausforderung Vereisung

Flugzeug Tragfläche mit Eisschicht.
Flugzeugtragfläche mit Eisschicht.

Viele technische Anlagen können durch Schnee- und Eisanlagerung in ihrer Funktion beeinträchtigt werden. Dazu zählen neben Tragflächen oder Rotorblättern in der Luftfahrt auch die Energiegewinnung (z. B. Windenergieanlagen), die Telekommunikation sowie Geräte und Anlagen, die unterschiedlichste Außensensoren verwenden. Auf Rotorblättern von Windkraftanlagen kann es beispielsweise zu einer Unwucht kommen, welche die Aerodynamik stört. Die Rotorblätter müssen daher entweder aktiv beheizt oder die Anlage muss abgeschaltet werden.

Auch im Sport- und Outdoorbereich können die Anhaftung von Schnee und Eis die Funktionalität von Materialien beeinträchtigen. Das Fraunhofer IGB liefert hier patentierte Lösungen auf Basis kombinierter Oberflächen- und Beschichtungstechnik.

 

Wasser- und eisabweisende Schichten

 

Neuartige Oberflächenbeschichtungen und Materialverbünde können in Zukunft helfen, diesen Problemen zu begegnen. Zusammen mit Industrie- und Forschungspartnern hat das Fraunhofer IGB verschiedene Anti-Eis-Ausrüstungen für Oberflächen entwickelt, mit deren Hilfe die großflächige Vereisung von Oberflächen reduziert werden kann.

Anti-Eis-Oberflächenbeschichtungen

Wassertropfen auf einer plasmafunktionalisierten nanostrukturierten Folie.
Thermographisches Bild eines stark unterkühlten, immer noch flüssigen Wassertropfens auf einer plasmafunktionalisierten nanostrukturierten Folie.

Nano- und mikrostrukturierte Beschichtung mittels Plasmatechnologie

In dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Verbundprojekt »Nanodyn« haben wir wasserabweisende mikro- und nanostrukturierte Schichten entwickelt, auf denen Wasser auch bei Temperaturen unter Null Grad flüssig bleibt. Das heißt, die Eisbildung wird weitgehend unterbunden. Der Grund: Die Schichten bieten dem Wasser, das gefrieren will, keine Kristallisationskeime auf der Oberfläche und es verbleibt in einem »stark unterkühlten« (engl. supercooled) Zustand. Selbst wenn das Wasser gefriert, vermindert unsere Anti-Eis-Ausrüstung die Haftung von Eis um mehr als 90 Prozent gegenüber der unbeschichteten Oberfläche. Diese Art von Beschichtung kann auf eine Vielzahl von Oberflächen übertragen werden. Die zu modifizierende Oberfläche wird hierzu in eine Vakuumkammer geführt, in der ein sogenanntes Plasma die Oberfläche modifiziert.

Abscheidung auf selbstklebende PU-Folie – Anti-Eis-Folie

Für eine einfache Handhabung scheiden wir die strukturierten Anti-Eis-Schichten mittels Plasmatechnologie auch auf selbstklebende Kunststofffolien aus schlag- und stoßfestem Polyurethan (PU) ab. Die Bauteile können dann einfach mit der Anti-Eis-Folie beklebt werden.

Tintenstrahl-Druckverfahren

Das Fraunhofer IGB arbeitet zudem an Tintenstrahl-Druckverfahren, um Oberflächen großflächig und strukturiert zu beschichten und die Benetzungseigenschaften kundenspezifisch einzustellen. Das Vorbild ist hierbei die Natur: mittels diesem Verfahren lassen sich biomimetische Oberflächen erzeugen.

Mikrostruktur durch Prägeverfahren

Zur Einbringung einer Mikrostruktur, die ebenfalls Anti-Eis-Eigenschaften erzeugt, in die Folienoberflächen werden diese mit Prägeverfahren modifiziert. Durch das Prägen ist es möglich, Topograpien mit großem Aspektverhältnis (Verhältnis Höhe einer Struktur zu ihrer lateralen Ausdehnung) flächig zu erzeugen. Diese Strukturen werden dann in nachfolgenden Prozessen zusätzlich mit weiteren spezifischen Anti-Eis-Ausrüstungen versehen. Dies kann die oben erwähnte passiv wirkende Anti-Eis-Beschichtung mittels Plasmaverfahren sein, zum anderen aktiv heizbare Oberflächenlackierungen.

Kombinierte Beschichtungen

Um eine effektive aktive und passive Anti-Eis-Ausrüstung zu erzielen, können die Beschichtungen auch kombiniert werden. Die Anti-Eis-Oberflächenfunktionalisierung kann mit dieser Kombination intelligent auf die sich verändernden Umgebungsbedingungen reagieren.

Anwendungen

Die Einsatzgebiete von Anti-Eis-Schichten sind vielfältig: Außer auf Flugzeugflügeln können Sie beispielsweise auch auf Windenergieanlagen, die aufgrund von Vereisung im Winter stehen bleiben oder unwuchtig laufen, auf Solarpaneelen, auf Strom-Freileitungen, auf Gebäudeteile, auf Textilien oder Sportgeräte aufgebracht werden. Eine einfach zu applizierende und jederzeit austauschbare Anwendung  könnte sich ebenfalls auch auf Kühlaggregaten oder in Kühlschränken anbieten.

 

Vereisungskammern für kundenspezifische Tests

Zwei Vereisungskammern für kundenspezifische Klimatests stehen am Fraunhofer IGB zur Verfügung

Klima- und Prüfkammern:

Relative Luftfeuchte: < 1 Prozent bis 80 Prozent
Hochgeschwindigkeitskamera 1000 Bilder pro Sekunde:

  • Untersuchung der Eisbildung (Icing-Verhalten von Oberflächen)
  • Messung der Eis-Adhäsionskraft auf Oberflächen (De-Icing)
  • Messung der Oberflächenenergie und Benetzungseigenschaften (Kontaktwinkel)
  • Luft- und Substrattemperatur bis –30 °C
  • automatisches Abfahren von Temperatur- und Luftfeuchtezyklen
  • kundenspezifische Anpassung der Testkammer (z. B. Regen- und Windsimulation)
  • hochauflösende Thermographie (kontaktlose, ortsaufgelöste Messung der Oberflächentemperaturen mittels Infrarot-Thermographie (Fa. FLIR), thermographische Videoaufnahmen)

Referenzprojekte

Nanodyn –

Verminderte Reibung und Eishaftung durch Plasmatechnik

Im vom BMBF geförderten Projekt Nanodyn wurde die Basis für unsere Anti-Eis-Beschichtungen gelegt. Hier finden Sie Informationen zun Projekt mit weiterführenden Links.

 

InTEnt-H –

Innovative Technologien für ein Enteisungssystem von kleinen und mittelschweren Hubschraubern

Die Vereisung von Oberflächen stellt in vielen Anwendungsbereichen ein erhebliches Problem dar. Im Projekts InTEnt‑H entwickeln wir eine passive Anti‑Icing‑Ausrüstung. Eine einzigartige und ressourcenschonende Anti‑Icing‑Beschichtung auf selbstklebenden, transparenten sowie erosionsstabilen PU‑Folien.