Fraunhofer-Leitprojekt »ShaPID«

Shaping the Future of Green Chemistry by Process Intensification and Digitalization

Die chemische Industrie ist für eine Vielzahl industrieller Wertschöpfungsketten unverzichtbar und einer der wichtigsten Impulsgeber für neue Produktentwicklungen und Innovationen. Globale Herausforderungen in den Bereichen Klimaschutz, Energie- und Ressourceneffizienz, gepaart mit den Forderungen aus Gesellschaft und Politik nach einer grünen, nachhaltigen Chemie, haben dazu geführt, dass sich die chemische Industrie ehrgeizige Ziele gesetzt hat, um ihre Produktionsprozesse zu defossilisieren und eine zirkuläre, treibhausgasneutrale Stoff- und Energiewandlung zu etablieren. Diese Transformation erfordert große Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen.

Herausforderung und Ziel

Die im Leitprojekt »ShaPID« kooperierenden neun Fraunhofer-Institute wollen die chemische Industrie bei diesen Anstrengungen gezielt unterstützen, indem sie ihre angewandte Forschung für das Erreichen der herausfordernden Nachhaltigkeitsziele bündeln und gleichzeitig ihre FuE-Beziehungen zu einer der innovationsstärksten Branchen intensivieren.

 

Lösungsansatz und Vorhaben

In dem Leitprojekt soll gezeigt werden, dass eine nachhaltige, grüne Chemie durch praxisnahe technologische Innovationen in der Prozessintensivierung und Digitalisierung erreicht werden kann. Dazu werden auf Grundlage der international anerkannten »12 Principles of Green Chemistry« gezielt neue Technologieentwicklungen in vier komplementären Bereichen vorangetrieben:

  • Synthese-, Reaktions- und Katalysetechnik für elektrochemische, biochemische und chemische Prozesse
  • Kontinuierliche Prozess- und Verfahrenstechnik
  • Modellierung, Simulation und Prozessoptimierung
  • Digitalisierung und Automatisierung

Die Anwendung dieser neuen methodischen Ansätze soll im technischen Maßstab an drei Referenzprozessen praxisnah demonstriert werden, die unterschiedliche Produktsparten der Chemie mit hoher FuE-Intensität und Wertschöpfung adressieren:

1. »Green Plastics«: von CO2 über C1-Zwischenprodukte und Monomere bis hin zu neuen Polymeren

2. »Green Monomers«: energieeffiziente Synthesen von Monomeren aus nicht-fossilen Rohstoffen

3. »Efficient Building Blocks«: Einsatz hochreaktiver Moleküle für die atomeffiziente Synthese

Alle Prozesse beschreiten den Weg vom grünen Rohstoff über eine grüne Prozessführung bis hin zu grünen Produkten. Dabei werden die Prozessentwicklungen sowohl von Nachhaltigkeitsbewertungen und Systemanalysen als auch von REACh-Bewertungen und (Öko)toxizitätsvorhersagen eng begleitet.

Das übergeordnete strategische Ziel des Leitprojektes »ShaPID« ist es, Fraunhofer als systemischen Forschungspartner für grüne nachhaltige Chemie zu etablieren und Transferangebote für Methoden und Technologien der Prozessintensivierung und Digitalisierung aus einer Hand anzubieten. Damit werden sowohl die Unternehmen der chemischen Industrie als auch die mit ihr kooperierenden Branchen zielgenau bei der Realisierung grüner und effizienter chemischer Prozesse unterstützt.

© Fraunhofer IGB
Die elektrokatalytische CO2-Reduktion zu Ameisensäure wird in kleinen elektrochemischen Zellen (links) entwickelt und auf einen Elektrolyseur im Pilotmaßstab (Mitte) übertragen. Die Reaktion erfolgt an Gasdiffusionselektroden (rechts).
Kultivierung mikrobieller Produktionsstämme im Schüttelkolben (links) und im 10 L Fermenter (rechts).
© Fraunhofer IGB
Kultivierung mikrobieller Produktionsstämme im Schüttelkolben (links) und im 10 L Fermenter (rechts).

Beiträge des Fraunhofer IGB in ShaPID

Im Bereich »Grüne Katalysetechnik« entwickelt das Fraunhofer IGB neuartige Katalysatoren für chemische, elektrochemische und biotechnologische Prozesse, die im ShaPID-Demonstrator »Green Plastics« Anwendung finden.

  • Die elektrokatalytischen Verfahren konzentrieren sich auf die direkte Reduktion von CO2 zu Formiat (dem Salz der Ameisensäure) an Gasdiffusionselektroden (GDE). Die Arbeiten erfolgen in enger Abstimmung mit dem Fraunhofer IMM, das für den vom Fraunhofer IGB entwickelten Prozess eine skalierbare elektrochemische Zelle konstruiert und fertigt.
  • Bei den zu entwickelnden biokatalytischen Systemen handelt es sich um bakterielle Produktionsstämme, die mittels Metabolic Engineering und systembiotechnologischer Ansätze zu maßgeschneiderten Zellfabriken entwickelt werden. Dies ermöglicht die gezielte Konversion von C1-Substraten wie Formiat aus der elektrokatalytischen CO2-Reduktion in Monomere für die Kunststoffproduktion.
  • Weiterhin werden in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer IAP Methoden und Prozesse zur Polykondensation der Monomere entwickelt und die erhaltenen Polymere im Hinblick auf eine technische Anwendung charakterisiert.

Im Bereich »Smarte Prozesstechnik« konzentriert sich das Fraunhofer IGB auf die Anwendung der entwickelten katalytischen Systeme in Prozessen und auf deren Aufskalierung.

  • Mikrobielle Produktionsstämme werden in Fermentationsprozessen zur Konversion von C1-Substraten in Monomere für die Kunststoffproduktion eingesetzt. Das Verfahren wird in den technischen Maßstab überführt.
  • Ansätze für das »Downstream Processing« zur Isolierung und Aufreinigung von Produkten aus Fermentationsbrühen werden insbesondere in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer ICT etabliert.

Die Verfahren werden im ShaPID-Demonstrator »Green Plastics« mit speziellen Produktionsstämmen, Substraten und Zielprodukten pilotiert.

Fraunhofer-Leitprojekt

ShaPID – Shaping the Future of Green Chemistry by Process Intensification and Digitalization

 

Förderung

Das Projekt wird über die Leitprojekt-Initiative der Fraunhofer-Gesellschaft gefördert. Hiermit will die Fraunhofer-Gesellschaft den Wirtschaftsstandort Deutschland stärken, indem wissenschaftlich originäre Ideen schnell in marktfähige Produkte umgesetzt werden.

Das Ziel von Fraunhofer-Leitprojekten ist es, die deutsche Industrie mit konkreten Lösungen zu unterstützen, um eine schnelle Umsetzung für den Markt zu ermöglichen.

Mit der gebündelten Wissenschaftskompetenz von Fraunhofer aus unterschiedlichsten Fachrichtungen werden Industrieunternehmen unterstützt, um innovative Marktideen zügig zu marktfähigen Produkten werden zu lassen.

Fraunhofer greift dafür aktuelle Herausforderungen für die Industrie heraus. Der Fokus richtet sich besonders auf Themen, die im wirtschaftlichem Interesse stehen. Um die Forschung zielorientiert und praxisnah auszurichten werden die Industriepartner frühzeitig in die Projekte eingebunden.