Dezentrale Abwasserreinigung am Beispiel der brasilianischen Stadt Piracicaba

Die Wasserqualität des Piracicaba soll verbessert werden, indem das Abwasser vor der Einleitung in den Fluss in dezentralen, modernen Kläranlagen gereinigt wird.
Bild 1: Die Wasserqualität des Piracicaba soll verbessert werden, indem das Abwasser vor der Einleitung in den Fluss in dezentralen, modernen Kläranlagen gereinigt wird.

Die Länder Südamerikas drängen aufgrund der Umweltprobleme, insbesondere in den Ballungsgebieten, auf eine funktionierende Abwasserreinigung. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen sind in vielen Fällen geschaffen, doch mangelt es noch weitgehend an der Umsetzung. Ein hoher Prozentsatz der Bevölkerung ist zwar an ein Kanalnetz zur Ableitung der Abwässer angeschlossen, doch werden derzeit nur knapp 10 Prozent der Abwässer in den größeren südamerikanischen Städten in einer Kläranlage gereinigt. Daraus resultieren enorme Belastungen für die Gewässer, in die das ungereinigte Abwasser eingeleitet wird (Bild 1). Eine Alternative zu großen kostenintensiven, zentralen Kläranlagen bieten in vielen Fällen dezentrale Lösungen.

Modellprojekt in Piracicaba

 Blick auf eine dezentrale Kläranlage mit einem naturnahen Verfahren.
Bild 2: Blick auf eine dezentrale Kläranlage mit einem naturnahen Verfahren. Nachteile insbesondere für urbane Strukturen sind der große Platzbedarf der Teichkläranlage und die zeitweise Geruchsbelästigung aufgrund von Überlastung.

Piracicaba, eine Stadt mit 320 000 Einwohnern im brasilianischen Staat Sao Paulo, hat in der Abwasserbehandlung immerhin einen Anschlusswert von 35 Prozent erreicht. Die Stadt verfolgt ehrgeizige Pläne und möchte bis 2007 alle Einwohner an Kläranlagen angeschlossen haben. Die städtischen Betriebe, die für die Wasserver- und -entsorgung zuständig sind, wollen zahlreiche kleinere Kläranlagen im Stadtgebiet installieren. In den meisten Fällen kommen herkömmliche dezentrale Lösungen zum Einsatz, die eher für den ländlichen Bereich entwickelt wurden (Bild 2) und nun einige Probleme verursachen.

In einem vom BMBF geförderten deutsch-brasilianischen Kooperationsprojekt werden diese Probleme gemeinsam mit dem Fraunhofer IGB gelöst und neue Modellkläranlagen realisiert.

Verfahrenstechnische und mikrobiologische Bewertung und Optimierung einer vorhandenen Kläranlage

Ein erster Schritt war die Bewertung der Kläranlage Piracicamirim, die größte der etwa 30 Kläranlagen der Stadt Piracicaba, mit entsprechenden Messprogrammen.
Ein Problem dieser Kläranlage war beispielsweise eine Geruchsbelästigung durch Schwefelwasserstoff. Als eine Ursache fand das Fraunhofer IGB Schlammablagerungen in der aeroben Stufe, weil die Oberflächenbelüfter nicht ausreichend dimensioniert waren.
Seit 2005 gibt es auch in Brasilien Ablaufwerte für Stickstoff. Um den Betreibern der Kläranlage die technischen Möglichkeiten der biologischen Stickstoffentfernung aufzuzeigen, wird derzeit eine Pilotanlage mit Nitrifikation und Denitrifikation errichtet.
Ein weiterer Punkt, den es zu verbessern gilt, ist die Keimbelastung des Kläranlagenablaufs. Das Fraunhofer IGB plant hier mit seinen Partnern bauliche Maßnahmen zur Verbesserung der Nachklärung sowie die Hygienisierung des Ablaufs, z. B. mit Filtration oder UV-Behandlung.

Neue dezentrale Abwasserreinigung für dicht besiedelte urbane Strukturen

Bei zukünftigen Kläranlagen sollen zudem neue Konzepte verfolgt werden, die effektiv Abwasser von organischen Bestandteilen reinigen, geschlossen und mit Energie- und / oder Stoffgewinnung gekoppelt sind. Für Kläranlagenabläufe müssen in Brasilien relativ hohe gesetzliche Vorgaben beachtet werden, insbesondere hinsichtlich der Emissionen von Krankheitserregern im Ablauf. Die Anlagen sollen, um Aerosole und Gerüche zu vermeiden, geschlossen sein und eine Nachbehandlung des gereinigten Wassers einbeziehen, so dass im Sinne eines nachhaltigen Wassermanagements das gereinigte Abwasser als Brauchwasser genutzt werden kann. Große Bedeutung wird darauf gelegt, dass es sich um schlammarme Verfahren handelt, um Entsorgungsprobleme zu minimieren oder zu vermeiden. Das Fraunhofer IGB hat bereits mit Untersuchungen in Deutschland begonnen und die erforderlichen Kontakte vor Ort hergestellt.

Moderne Modellkläranlagen

In Piracicaba werden nach und nach kleine, in sich geschlossene Wohnsiedlungen errichtet, die an eine Kläranlage angeschlossen werden müssen. Dezentrale Lösungen eignen sich hier besonders gut. Mehrere Anlagen werden zunächst auf dem Gelände einer Universität in Betrieb gehen und sowohl die Vergärung organischer Abfälle als auch eine effektive Abwasserreinigung sowie Möglichkeiten eines angepassten Regenwassermanagements berücksichtigen.

Als Standort für eine Modellkläranlage ist außerdem ein Stadtteil im Gespräch, der touristisch stark ausgebaut werden soll. Eine Nutzung von Wasser, Wärme und Energie ist voraussichtlich mit geringem Aufwand möglich und wird die Nutzer sowie Besucher der Gesamtanlage von den Vorteilen innovativer Verfahren überzeugen.