Bioraffinerie auf Basis stärkereicher Algenbiomasse

Ausgangssituation

Bioraffineriekonzept zur Nutzung stärkereicher Algenbiomasse und Kreislaufführung von Nährstoffen.
© Fraunhofer IGB
Bioraffineriekonzept zur Nutzung stärkereicher Algenbiomasse und Kreislaufführung von Nährstoffen.
Chlorella sorokiniana in der Wachstumsphase
Chlorella sorokiniana in der Wachstumsphase

Derzeit werden Biokraftstoffe wie Ethanol oder Biodiesel in erster Linie aus pflanzlichen Rohstoffen hergestellt, beispielsweise aus Getreidestärke oder Rapsöl. Die Ackerflächen stehen dann nicht mehr für die Nahrungsmittelproduktion zur Verfügung. Diese Nutzungskonkurrenz kann mit der Kultivierung von Mikroalgen umgangen werden, die außerdem eine Vielzahl weiterer Vorteile gegenüber höheren Pflanzen aufweisen. Hierzu zählen ein gesteigerter Ertrag pro Fläche, ein verminderter Wasserbedarf und die Möglichkeit, Algen über den ganzen Vegetationszeitraum hinweg zu ernten. Verschiedene Mikroalgen können unter Nährstofflimitierung Stärke als Speicherprodukt bilden. Ziel eines vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) geförderten Projektes ist die Erzeugung von stärkehaltiger Algenbiomasse in geschlossenen Photobioreaktoren und die Nutzung der Hauptkomponente Stärke für die Produktion von Ethanol.

Die zweite Hauptkomponente dieser stärkereichen Algen sind Proteine. Zur Erhöhung der Wertschöpfung untersuchen wir außerdem, ob sich das Algenprotein als Nährmedienkomponente bei der Ethanolproduktion aus Getreidestärke oder als Futtermittelbestandteil eignet. Eine Kreislaufführung zwischen Algenproduktion und Ethanolfermentation auf Getreidebasis erfolgt über die Nutzung von CO2 aus der Ethanolproduktion als kostengünstige und qualitativ hochwertige CO2-Quelle für die Algen. Die Nährstoffe Ammonium und Phosphat aus dem Flüssiggärrest der Schlempe- und Algenreststoffvergärung dienen zudem als Mediumsbestandteil für die Algenproduktion. Über dieses Bioraffineriekonzept soll sowohl die Wertschöpfung aus Algenbiomasse erhöht, als auch die Gesamtbiomasse genutzt werden.

Erfolgreiche Suche nach der am besten geeigneten Algenart

Zunächst wurde in einem Screening die Stärkeproduktion verschiedener Algenstämme getestet. Vor allem die Mikroalge Chlorella sorokiniana (SAG 211-8k) stellte sich als vielversprechend heraus, da sie sowohl eine hohe Wachstumsrate besitzt, als auch einen hohen Stärkegehalt akkumulieren kann. Mit dieser Alge wurde im Labor ein zweistufiger Prozess etabliert, wobei in der ersten Stufe die Biomasseproduktion stattfindet und in der zweiten Stufe durch Stickstofflimitierung Stärke als Speicherstoff eingelagert wird. Die Stärkeproduktion wurde hinsichtlich der Lichtverfügbarkeit (Lichteintrag auf der Reaktoroberfläche pro Gramm Biomasse im Reaktor innerhalb einer bestimmten Zeitspanne) optimiert.

Produktion stärkereicher Algenbiomasse im Freiland

Für die Produktion von Algenbiomasse zur energetischen Verwertung ist eine Übertragung dieses Prozesses in den Freilandbetrieb unter Nutzung des Sonnenlichts notwendig. Hier besteht die Herausforderung darin, einen Prozess zu etablieren, der auch unter variierenden Licht- und Temperaturverhältnissen, die durch den natürlichen Tag-Nacht-Rhythmus entstehen, stabil läuft und Biomasse mit hohem Stärkegehalt liefert.
Zur Charakterisierung des Stärkeproduktionsprozesses mit der Mikroalge Chlorella sorokiniana stand eine Versuchsanlage mit fünf nach Süden ausgerichteten 28-Liter-Flachplatten-Airlift-Reaktoren zur Verfügung.

Steigerung des Stärkegehalts im Labor- und Freilandversuch

Freilandanlage zur Mikroalgenproduktion mit 30-L-FPA-Reaktoren.
Freilandanlage zur Mikroalgenproduktion mit 30-L-FPA-Reaktoren.

Im Labor konnten nach zwei Tagen Kultivierung der Algen unter Stickstofflimitierung bereits Stärkegehalte von 50 Prozent erreicht werden. Als eine wichtige Einflussgröße auf die Geschwindigkeit der Stärkebildung und die maximal erreichbare Stärkemenge stellte sich dabei die Lichtverfügbarkeit pro Gramm Biomasse heraus. Im Labor ist diese Größe leicht einstellbar, um jedoch im Freiland verschiedene Lichtverfügbarkeiten untersuchen zu können, wurden drei Reaktoren mit unterschiedlichen Algenkonzentrationen angeimpft (Abb. 4). So ergaben sich in den Reaktoren unterschiedliche Lichtmengen pro Gramm Biomasse. Damit konnte auch im Freiland der Stärkegehalt von Chlorella sorokiniana auf 50 Prozent gesteigert werden, allerdings dauerte der Prozess mit sieben bis acht Tagen wesentlich länger als unter konstanten Licht- und Temperaturverhältnissen im Labor.

Ausblick

Auf dem Gelände einer Bioethanol-Anlage in Zeitz wurde durch den Kooperationspartner Subitec eine Algenpilotanlage mit einem Volumen von 4,3 m3 aufgebaut. Auf diese Anlage, in der 24 Reaktoren mit je 180 Litern Volumen zur Verfügung stehen, soll der Stärkeproduktionsprozess übertragen werden. Die Aufarbeitung der Biomasse sowie die Vergärung der Algenstärke zu Ethanol und die Gewinnung der Proteinfraktion erfolgt durch den Industriepartner Südzucker. Für das nächste Jahr ist die Nutzung der flüssigen Gärrückstände aus der Vergärung der Schlempe und Algenreststoffe zu Biogas als Nährstoffquelle für die Algenkultivierung geplant.

Förderung

Wir danken dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) für die Förderung des Projekts »Bioraffinerie auf Basis kohlenhydratreicher Algenbiomasse, Nutzung von Stärke und Protein«, Förderkennzeichen 22403211 bzw. 11EKF032.

Projektpartner

  • Südzucker AG, Mannheim
  • Subitec GmbH, Stuttgart