Weiterentwickelte Hochlastfaulung in Bad Dürrenberg spart Kosten

Fundamente für Gasspeicher (links) und Hochlastfaulung (rechts hinten) vor den vorhandenen Schlammspeichern.
Fundamente für Gasspeicher (links) und Hochlastfaulung (rechts hinten) vor den vorhandenen Schlammspeichern.

Kläranlagen als Stromverbraucher

Die Kläranlagen gehören mit durchschnittlich 20 Prozent Anteil am Stromverbrauch der Kommunen in der Regel zu den größten Stromverbrauchern [1]. Deshalb suchte im Sommer 2008 der Zweckverband Bad Dürrenberg zusammen mit dem Ingenieurbüro Stockleben nach Möglichkeiten, den Energieverbrauch auf der Abwasserbehandlungsanlage (ABA) Bad Dürrenberg (Ausbaugröße etwa 26 000 Einwohnerwerte) zu verringern. Man entschloss sich, die simultane aerobe Schlammstabilisierung, mit hohem Energieverbrauch für die Belüftung, auf eine anaerobe Schlammstabilisierung umzurüsten, die Energie in Form von Faulgas erzeugt.

Umstellung der Kläranlage von aerober auf anaerobe Schlammstabilisierung

Aufbau der Hochlastfaulung. Der Reaktor wird über das Strömungsleitrohr gehoben.

Nun wurde eine effiziente Technologie benötigt, welche diesen Umstellungsschritt möglichst kostengünstig realisieren kann und das Fraunhofer IGB mit seiner Technologie der Hochlastfaulung beauftragt. In den Jahren 2010 und 2011 wurden Voruntersuchungen zur Vergärbarkeit des Rohschlammes aus Bad Dürrenberg durchgeführt, gemeinsam die Planungsunterlagen erstellt und bei den Behörden eingereicht sowie die Ausschreibungsunterlagen erstellt. Eisenmann Anlagenbau konnte die öffentliche Ausschreibung gewinnen. In intensiver Zusammenarbeit und Abstimmung zwischen den Partnern wurde die herkömmliche Hochlastfaulung durch einen anderen Reaktortyp weiterentwickelt und erstmals in Bad Dürrenberg realisiert. Im März 2012 begann der Aufbau, nachdem zuvor die notwendigen Vorarbeiten an den Rohrleitungen und Fundamenten geleistet sowie die ABA um eine Vorklärung erweitert wurde. Am 14. Juni 2012 wurde die Hochlastfaulung feierlich eingeweiht.

Hochlastfaulung mit Einrüstung zur Montage der Rohrleitungen, Sensoren und der Isolation.
Hochlastfaulung mit Einrüstung zur Montage der Rohrleitungen, Sensoren und der Isolation.
Der Doppelmembrangasspeicher geht in Betrieb.
Der Doppelmembrangasspeicher geht in Betrieb.

Weiterentwicklung der Hochlastfaulung

Während herkömmliche Schlammfaulungen auf kommunalen Kläranlagen gemäß dem Merkblatt  ATV-DVWK M 368 im mesophilen Betriebsbereich (etwa 37 °C) üblicherweise mit einer hydraulischen Verweilzeit von mindestens 18 Tagen ausgelegt werden, unterscheidet sich die Hochlastfaulung dadurch, dass sie unter wesentlich höheren organischen Raumbelastungen betrieben wird und dabei die hydraulische Verweilzeit nur etwa 7 Tage beträgt. Die Hochlastfaulung geht ursprünglich auf das zweistufige Schwarting-Uhde-Verfahren zurück, das 1979 von der damaligen Firma Schwarting und dem Fraunhofer IGB entwickelt und patentiert wurde. Die erste Hochlastfaulung für kommunale Klärschlämme wurde bereits 1994 auf der Kläranlage Mittleres Glemstal (Leonberg) in Betrieb genommen. Es folgten weitere Anlagen in Eching, Heidelberg, Tauberbischofsheim, Wutöschingen, Ilsfeld und nun in Bad Dürrenberg.

Die ursprüngliche Hochlastfaulung zeichnet sich bei der Durchmischung durch ein sogenanntes Phasenmischsystem aus, bei dem mithilfe einer starken Impulspumpe und in den Reaktor integrierte Lochböden mehrmals pro Stunde eine lokale Durchmischung erfolgt. Das funktioniert zwar gut und mit relativ niedrigem Energieeintrag, hat aber den Nachteil, dass der apparative Aufwand recht hoch ist und dass sich im Lauf der Jahre zwischen den Lochböden Ablagerungen bilden können, wie sich bei der Revision nach etwa 10 Betriebsjahren gezeigt hat. Eine ähnlich effiziente und ebenfalls energiearme Durchmischung könnte auch durch einen Gaslift-Schlaufenreaktor erreicht werden [2]. Allerdings lagen hierfür kaum Erfahrungen im notwendigen Maßstab von etwa 360 m3 Reaktorvolumen vor.

Berechnung des Gaslift-Schlaufenreaktors

Durch sorgfältige Simulationsrechnungen und Überprüfung der notwendigen hydraulischen und geometrischen Daten konnten wir eine Lösung finden, bei welcher die Vorgaben für die Geometrie des Reaktors und des Leitrohres präzise einzuhalten sind. Deshalb wurden die geometrischen Daten während der Bauphase mehrmals überprüft.

Betriebsergebnisse und Ausblick

Professor Hirth bei der feierlichen Inbetriebnahme.
Professor Hirth bei der feierlichen Inbetriebnahme.
Blick auf die fertig aufgebaute und isolierte Hochlastfaulung.
Blick auf die fertig aufgebaute und isolierte Hochlastfaulung.

Bereits nach der Inokulation im Mai 2012 zeigte sich, dass die Hochlastfaulung mit Gaseinpressung als Gaslift-Schlaufenreaktor hydraulisch sehr gut funktioniert. Bis heute traten weder Probleme mit Schaum noch die Bildung einer Schwimmdecke auf. Die gebildete Faulgasmenge entspricht den Erwartungen. Durch die vereinfachte Bauform der Hochlastfaulung als Gaslift-Schlaufenreaktor ergeben sich in der in Bad Dürrenberg ausgeführten Größe Baukostenvorteile von etwa 100 000 bis 200 000 Euro. Die Umrüstung der ABA Bad Dürrenberg von simultaner aerober auf anaerobe Schlammstabilisierung im laufenden Betrieb ist aufgrund der guten Kooperation der beteiligten Partner gelungen.

Gerade im Bereich der Ausbaugröße von etwa 10 000 bis 50 000 Einwohnerwerten gibt es zahlreiche Kläranlagen, die als simultan aerob stabilisierende Anlagen geplant wurden und deren Umrüstung sich unter wirtschaftlichen Aspekten lohnt.

Literatur

[1] Fricke, K. (2009) Energieeffizienz kommunaler Kläranlagen. Hrsg. Umweltbundesamt

[2| Sternad, W. (1991) Bioreaktoren. In: Chmiel, H. (Hrsg.) Bioprozeßtechnik, Fischer-Verlag, Stuttgart

Projektpartner

  • ZWA Bad Dürrenberg
  • Ingenieurbüro Stockleben GmbH, Bad Dürrenberg
  • Eisenmann Anlagenbau, Holzgerlingen