Unabhängige Kanäle – Joseph-von-Fraunhofer-Preis 2007

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Überfüllte Megastädte, ausgedünnte Stadtteile in Industriestaaten, häufige Hochwasser oder extreme Trockenheit - vier Probleme, bei denen eine neue urbane Infrastruktur helfen könnte. Etwa ein modulares System, das unabhängig vom langlebigen und teuren Kanalsystem ist.

© Fraunhofer/Volker Steger
Dr.-Ing. Werner Sternad, Dr.-Ing. Harald Hiessl, Prof. Dr. Walter Trösch (v.l.n.r.).

130 Liter sauberes Wasser verbraucht ein Deutscher pro Tag – nur drei davon trinkt er. Ein Drittel hingegen wird durch die Toilette gespült. »Wasser ist eine unserer wertvollsten Ressourcen, viel zu schade um sie für den Transport von Fäkalien zu vergeuden«, sagt Prof. Dr. Walter Trösch vom Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB in Stuttgart. Gemeinsam mit Dr.-Ing. Werner Sternad vom IGB und Dr.-Ing. Harald Hiessl vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI in Karlsruhe hat er das Dezentrale Urbane Infrastruktursystem DEUS 21 konzipiert und umgesetzt. Für ihre Leistungen erhalten sie den Joseph-von-Fraunhofer-Preis 2007. Die Jury war von der Verfahrenstechnik zur Wasseraufbereitung und dem umfassenden Ansatz für ein effektives Stoffrecycling beeindruckt.

»DEUS ist ein integriertes Modell, das den Rohstoff Wasser vom Wasserhahn bis zur Kläranlage betrachtet«, so Prof. Trösch. Neu an diesem Ansatz: Regenwasser wird gesondert, in einem Tank gesammelt und über eine moderne Membrananlage gefiltert. Die feinen Poren der Membran trennen selbst Bakterien und Viren ab. Heraus kommt keimfreies Pflegewasser, das sogar den Anforderungen der Trinkwasser-Verordnung (TVO) entspricht. Dieses weiche und kalkarme Wasser fließt zurück in die Haushalte – um etwa Geschirr und Kleider zu waschen, für die Klospülung oder das warme Wasser zum Duschen. Das Abwasser wird per Vakuumspülung über ein gesondertes System transportiert.  Sie saugt das schmutzige Wasser ab und leitet es in einen zentralen Tank. »Das reduziert den Spülwasserbedarf drastisch und es entsteht deutlich weniger Abwasser«, sagt Dr. Harald Hiessl. Dieses gelangt dann in die zentrale Membran-Hochleistungsanlage und wird dort gesäubert. Herzstück sind poröse, keramische Membranen, die Rotationsscheibenfilter. Sie entfernen alles aus dem Abwasser, was größer ist als 0,2 Mikrometer – auch Bakterien bleiben hängen und zersetzen die organischen Abfälle. Dabei entstehen Methan und Kohlenstoffdioxid – alles unter Luftabschluss und ohne einen unangenehmen Geruch zu verbreiten. Das gewonnene Biogas liefert Strom und Wärme. Organische Massen aus Biomüll und Fäkalien werfen ein weiteres Nebenprodukt ab: Dünger. Stickstoff und Phosphor werden zu Ammonium- und Phosphor-Salzen umgesetzt und lassen sich aufgrund der eingesetzten Membrantechnik zurück gewinnen.

Die Pilotanwender in Knittlingen und Neurott sind schätzen die ökonomischen und ökologischen Vorteile.  Argumente, die auch international zählen: Projekte in Namibia, China und Rumänien sind in Planung.