Neuartige Therapeutika sicherer machen: Interdisziplinäres EU-Konsortium entwickelt innovative Modellsysteme für die Evaluation immunmodulierender Therapeutika

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Das Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB beteiligt sich an dem EU-Projekt imSAVAR, das innovative Modellsysteme für die Evaluation immunmodulierender Therapeutika entwickelt. Das Institut koordiniert die Entwicklung neuartiger immunkompetenter In-vitro-Modelle. Ein Fokus dabei liegt auf mikrophysiologischen Systemen, speziell Organ-on-Chip-Plattformen, ein anderer auf zellbasierten Reportergen-Assays mit Rezeptoren des Immunsystems. Das Fraunhofer IGB leitet zudem das Arbeitspaket Management und ist dabei Teil des Project Management Office zusammen mit dem Fraunhofer IZI.

© Fraunhofer IZI
Kickoff-Meeting des imSAVAR-Projektkonsortiums am 2. Dezember 2019 am Fraunhofer IZI in Leipzig.

Die Entwicklung immunmodulierender Wirkstoffe und Therapien hat durch die jüngsten Erfolge in der Immunonkologie einen neuen Schub erfahren. Doch nicht nur in der Krebsmedizin etablieren sich zunehmend auch Zell- und Gentherapien als Alternative oder Ergänzung zu den klassischen niedermolekularen Wirkstoffen und Biologicals.

Eine wesentliche Herausforderung bei der Entwicklung neuer Therapien ist und bleibt jedoch deren vorklinische Bewertung in Bezug auf Wirksamkeit und Sicherheit. Größtes Problem dabei ist die Komplexität des menschlichen Immunsystems. Im erkrankten Zustand, zum Beispiel bei Krebs-, Autoimmun-, oder Entzündungserkrankungen, interagieren die Zellen des Immunsystems anders als im gesunden Zustand. Während präklinische Untersuchungen bislang vor allem die grundlegende Toxizität eines neuen Therapeutikums auf das (gesunde) Immunsystem untersuchen, fehlt es an nicht-klinischen Modellen, die die individuellen Interaktionen des menschlichen Immunsystem im pathogenen Zustand genau erfassen.

Das EU-Konsortium imSAVAR (Immune Safety Avatar: nonclinical mimicking of the immune system effects of immunomodulatory therapies) adressiert diesen Mangel mit neuen Konzepten zur Überprüfung immunmodulatorischer Therapien. Ziel ist dabei die Verbesserung bestehender und die Entwicklung neuer Modellsysteme, um:

  • unerwünschte Nebenwirkungen neuer Therapien auf das Immunsystem zu identifizieren
  • neue Biomarker für die Diagnose und Prognose von immunmediierten Pharmakologien und Toxizitäten zu entwickeln
  • Toxizitätsmechanismen und das Potenzial für deren Minderung durch therapeutische Maßnahmen genauer zu erforschen.

 

Das Projekt will damit die Grundlagen für neue, europaweite Standards in der Medikamentenentwicklung legen.

Das interdisziplinäre Konsortium imSAVAR umfasst 28 internationale Partner aus 11 Nationen unter der wissenschaftlichen Koordination des Fraunhofer-Instituts für Zelltherapie und Immunologie IZI (Leipzig, Deutschland) und Novartis (Basel, Schweiz). Unter den Partnern befinden sich universitäre und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen, pharmazeutische und biotechnologische Unternehmen und regulatorische Behörden.

 

Beteiligung des Fraunhofer IGB

Das Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB koordiniert die Entwicklung neuartiger immunkompetenter In-vitro-Modelle mit einem Fokus auf mikrophysiologischen Systemen, speziell Organ-on-Chip-Plattformen. Gemeinsam mit Partnern der Universität Jena, der Universität Tübingen, des Fraunhofer IWS, des Leiden University Medical Center (LUMC) und der Universität Twente werden bestehende Organmodelle weiterentwickelt und neuartige Modelle aufgebaut. Diese neue Art von humanen Modellen eröffnet die Möglichkeit, immunmediierte Effekte und Toxizitäten direkt in menschlichem Gewebe zu untersuchen. Damit können die Resultate besser auf den Menschen übertragen und wenig aussagekräftige Tierversuche vermieden werden. Ergänzend zu diesen Modellen werden zellbasierte Reportergenassays mit Rezeptoren des Immunsystems entwickelt und etabliert. Diese neuen In-vitro-Assays werden zur Abschätzung der Wirksamkeit beispielsweise für das Screening immunmodulierender Wirkstoffe und der Sicherheit neuer Immuntherapien eingesetzt. Darüber hinaus werden entsprechende Reporterzellen auch in immunkompetenten 3D-Hautmodellen eingesetzt.

Das Fraunhofer IGB leitet zudem das Arbeitspaket Management und ist dabei Teil des Project Management Office, zusammen mit dem Fraunhofer IZI. Zudem koordiniert das IGB gemeinsam mit dem Paul-Ehrlich Institut und Sanofi-Aventis die Verbreitung von Projektinformationen und -ergebnissen.

 

Förderung

Das Projekt wird über eine Laufzeit von sechs Jahren mit insgesamt 11 Millionen Euro von der Europäischen Union gefördert (GA-Nr. 853988). Die gleiche Summe bringen die Industriepartner als Eigenleistung in das Projekt ein.

 

imSAVAR-Konsortium:

  • BioSci Consulting, Belgien
  • bluebird bio Inc., USA
  • Boehringer Ingelheim, USA
  • Covance, Großbritannien
  • Dynamic42 GmbH, Deutschland
  • F. Hoffmann-La Roche Ltd, Schweiz
  • Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie IZI, Deutschland
  • Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB, Deutschland
  • Fraunhofer-Institut für Toxikologie und Experimentelle Medizin ITEM, Deutschland
  • Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS, Deutschland
  • Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie IME, Deutschland
  • IT for Translational Medicine S.A. (ITTM), Luxemburg
  • JDRF, USA
  • Leiden University Medical Center (LUMC), Niederlande
  • Lunds Universitet, Schweden
  • Medizinische Hochschule Hannover (MHH), Deutschland
  • Medizinische Universität Innsbruck, Österreich
  • Merck Sharp & Dohme Corp., USA
  • Merck KGaA, Deutschland
  • Novartis AG, Schweiz
  • Paul-Ehrlich-Institut (PEI), Deutschland
  • Sanofi, Frankreich
  • Servier, Frankreich
  • T-CURX GmbH, Deutschland
  • Transgene SA, Frankreich
  • Universitetet i Oslo, Norwegen
  • Universität Leipzig, Deutschland
  • Universität Twente (UT), Niederlande
  • University of Luxembourg, Luxemburg
  • Universitätsklinikum Jena, Deutschland
  • Universitätsklinikum Tübingen, Deutschland
  • Universitätsklinikum Würzburg, Deutschland