Schlamm-Management für semidezentrale Abwasserreinigung

Bei der aeroben biologischen Abwasserbehandlung fällt regelmäßig Primärschlamm aus der mechanischen Vorreinigung und Überschussschlamm aus der Nitrifikation und Denitrifikation an, der dem System entnommen und entsorgt werden muss. Entnahme und Reduzierung des Schlammvolumens bestimmen das für die Lagerung benötigte Schlammstapelvolumen und somit die Entsorgungskosten, welche wesentlich zu den Betriebskosten einer Kläranlage beitragen. Für das am Fraunhofer IGB entwickelte Konzept zur semidezentralen Abwasserreinigung kann mit der Einführung eines Schlamm-Managements das Schlammspeichervolumen einer Membrankläranlage optimal genutzt werden. Dies ist besonders für kleine Kläranlagen wie Membrankläranlagen von Vorteil. Das Schlamm-Management basiert im Wesentlichen auf der

  • automatisierten Abtrennung des Primärschlamms mit Feststoffsonde sowie der
  • automatisierten Eindickung und Abtrennung des Überschussschlamms
    mit dem Rotationsscheibenfilter.

Experimente zur Schlammeindickung mit dem Rotationsscheibenfilter

Änderung der transmembranen Druckdifferenz über der Schlammkonzentration bei Filtrationen bei unterschiedlichen Temperaturen.
Bild 1: Änderung der transmembranen Druckdifferenz über der Schlammkonzentration bei Filtrationen bei unterschiedlichen Temperaturen.

Der Rotationsscheibenfilter ist ein dynamischer Membranfilter mit keramischen Mikrofiltrationsmembranen. In einem zylindrischen Gehäuse ist ein Stapel Membranscheiben auf einer rotierenden Hohlwelle befestigt, die das Filtrat nach außen ableiten lässt [1]. In Experimenten im halbtechnischen Maßstab konnte gezeigt werden, dass die Schlammkonzentration ohne Zugabe von Chemikalien und ohne Permeabilitätsverlust der Membran auf 3-3,5 Prozent TR (Trockenrückstand) erhöht werden kann. Bild 1 zeigt die transmembrane Druckdifferenz über der Schlammkonzentration bei konstantem Filtratfluss bei 10-30 °C. Bei deutlich höheren Konzentrationen ist der Schlamm nicht mehr fließfähig (Bild 2). Ausgehend von einer Schlammkonzentration zwischen 0,5 und 0,8 Prozent TR in der Belebung kann somit die 5-7fache Schlammmenge im gleichen Schlammstapel untergebracht werden.

Praxistest auf der Membrankläranlage Heidelberg-Neurott

Labormodul des Rotationsscheibenfilters mit aufkonzentriertem Überschussschlamm nach Filtrationsende, der bei 4,5 % Trockenrückstand nicht mehr fließfähig ist.
Bild 2: Labormodul des Rotationsscheibenfilters mit aufkonzentriertem Überschussschlamm nach Filtrationsende, der bei 4,5 % Trockenrückstand nicht mehr fließfähig ist.

Das Schlamm-Management wird seit Dezember 2007 auf der semidezentralen Membrankläranlage Heidelberg-Neurott [2, 3] getestet. Dazu wurden in die Filtrationsstufe des Membranbioreaktors, die mit Bellmer Fine Filtern (großtechnische Umsetzung des Rotationsscheibenfilters) ausgerüstet ist, Motorventile integriert und die Steuerung der Anlage angepasst (Bild 3). Im Ergebnis kann der Belebtschlamm im Filter automatisch eingedickt und über eine Schlammabzugspumpe in den Schlammstapel transportiert werden. Zusätzliches Volumen im Schlammstapel der Anlage wird durch die automatisierte Abtrennung des Primärschlamms mit einer Feststoffsonde im Streulichtmessprinzip eingespart. Die im Schlammtrichter der Vorklärung se-dimentierten Feststoffe wurden bisher zeitlich gesteuert entnommen. Durch den Einbau der Feststoffsonde wird der Schlammabzug automatisch gestoppt, sobald die Klarwasserzone erreicht ist. Eine Rückverdünnung des abgezogenen Primärschlamms wird damit wirkungsvoll verhindert.

Ausblick

Automatisierte Filtrationsstufe des Bellmer Fine Filters.
Bild 3: Automatisierte Filtrationsstufe des Bellmer Fine Filters (großtechnische Umsetzung des Rotationsscheibenfilters) auf der Membrankläranlage Heidelberg-Neurott.

Ein vergleichbares Schlamm-Management ist mit getauchten Membransystemen nicht möglich, weil die Aufkonzentrierung des Belebtschlamms direkt im Membranbioreaktor zu Stofftransportlimitierungen in der Belebung führt. Nur geeignete Filter gewährleisten hohe Filtratflüsse, Ausbeuten und lange Standzeiten. Nach erfolgreicher technischer Umsetzung auf der semidezentralen Membrankläranlage Heidelberg-Neurott wird sich das Schlamm-Management im Langzeitbetrieb beweisen.