Hochlastfaulung mit Mikrofiltration und MAP-Gewinnung: Pilotanlage in der Kläranlage des AZV Heidelberg

Beim Betrieb von Abwasserreinigungsanlagen fällt Klärschlamm an, der traditionell als Dünger in der Landwirtschaft genutzt wurde, da er viele Nährstoffe enthält. Die Ausbringung von Klärschlamm als Dünger ist mittlerweile aber nicht mehr möglich, da eine Anreicherung von Schadstoffen im Boden befürchtet wird. Oft bleibt nur, den Klärschlamm zu verbrennen, was sehr kostspielig ist. Es muss also Ziel sein, den Klärschlammanfall der Kläranlagen so gering wie möglich zu halten.

Aus Klärschlamm lassen sich – bei richtiger Behandlung – durchaus wertvolle Produkte gewinnen. Bei seiner Vergärung entsteht Biogas als regenerativer Energieträger. Zudem lassen sich die Nährstoffe Stickstoff und Phosphor als Dünger gewinnen, die frei von Schadstoffen sind.

Im Sinne einer nachhaltigen Nutzung des Klärschlamms wurden und werden am Fraunhofer IGB Verfahren entwickelt, mit denen die Klärschlammmenge reduziert sowie die Ausbeute an Biogas und Düngemitteln erhöht werden kann. Eine Kombination zweier dieser Entwicklungen, der Hochlastfaulung und des Rotationsscheibenfilters, wurde auf dem Gelände des Klärwerks des Abwasserzweckverbands (AZV) Heidelberg von Juni 2004 bis Juli 2005 im Pilotmaßstab betrieben.

Pilotanlage: Anaerober Bioreaktor und Rotationsscheibenfilter

Rotationsscheibenfilter in der Pilotanlage.
Rotationsscheibenfilter in der Pilotanlage.

Die Pilotanlage war als zweite Stufe hinter die bestehende Hochlastfaulung des AZV Heidelberg geschaltet. Die Vergärung des Schlamms erfolgte in einem volldurchmischten Reaktor mit einem effektiven Volumen von etwa 3,3 m3. Ein neben dem Reaktor aufgestellter Rotationsscheibenfilter sorgte für die Aufkonzentrierung des Schlamms im System. Durch Membranen auf den rotierenden Keramikscheiben des Filters wurde das Schlammwasser mittels einer Pumpe abgezogen und in einem Sammelbehälter zwischengespeichert. Von diesem wurde es über eine Strippkolonne geführt, in der das Ammonium aus dem Filtrat entzogen wurde.

Untersuchungen im Pilotbetrieb

Während des Pilotbetriebs wurden drei unterschiedliche Einstellungen des Trockensubstanzgehalts im Reaktor untersucht, um so den Einfluss der Aufkonzentrierung auf den Abbau als Auslegungsparameter für eine Großanlage zu untersuchen.

  1. Ohne Aufkonzentrierung
  2. Mittlere Aufkonzentrierung durch Filtratabzug
    (ca. 30 Prozent des Zulaufs)
  3. Starke Aufkonzentrierung
    (Abzug von ca. 45 Prozent des Zulaufs,
    betriebliche Grenze)

Die hydraulische Verweilzeit (Verhältnis von Reaktorvolumen zu Zulaufvolumenstrom) wurde dabei im Bereich von fünf bis sechs Tagen gehalten, so dass sich bei den Einstellungen 2 und 3 höhere Feststoffverweilzeiten ergeben mussten.

Konzentrierter Schlamm liefert ein Drittel mehr Biogas

Der Abbau konnte mit zunehmender Aufkonzentrierung des Klärschlamms gesteigert werden: Bei Einstellung 3 (starke Aufkonzentrierung) konnten wir die Biogasausbeute pro zugeführter organischer Substanz (oTS), bezogen auf den Betrieb ohne Filtration, um ca. 36 Prozent erhöhen.

Aus dem Filtrat, in dem wie dargestellt Ammonium in hoher Konzentration vorliegt, lässt sich durch eine Luftstrippung ein Ammoniumdünger gewinnen und gleichzeitig die Stickstoffrückbelastung der Kläranlage um bis zu 90 Prozent reduzieren. Durch Nutzung der Abwärme der Biogasverwertung kann das zu strippende Filtrat erhitzt werden, wodurch sich Chemikalien zur Anhebung des pH-Werts einsparen lassen. Da das Filtrat zudem hohe Phosphatkonzentrationen enthält, lässt sich aus diesem auch noch der N/P-Dünger MAP (Magnesium-Ammonium-Phosphat, Struvit) ausfällen.

Ausblick

Aufgrund der positiven Ergebnisse plant der Abwasserzweckverband Heidelberg derzeit eine großtechnische Anlage zur Ammoniakstrippung des Schlammwassers. Das beschriebene Verfahren, Hochlastfaulung mit integrierter Mikrofiltration, wird auch auf einigen anderen kommunalen Kläranlagen in die Praxis umgesetzt, wie in Tauberbischofsheim, Wutöschingen und Ilsfeld.