Forschung, die unter die Haut geht

Presseinformation /

Bei vielen Tests von Kosmetika auf Hautverträglichkeit und Wirkung sind Tierversuche oft unvermeidlich. Doch immer mehr Verbraucher – und auch der Gesetzgeber – wollen nicht, daß Tiere für die Schönheit leiden müssen. Auf der BioTechnica stellen Forscher vom Fraunhofer-Institut für Grenzflächen und Bioverfahrenstechnik IGB eine neuartige Alternative und Ergänzung zu Tierversuchen vor: das neue Haut-Testsystem AST-2000 – ein dreidimensionales Vollhautmodell –, das im Auftrag der Firma CellSystems entwickelt wurde.

Hautäquivalent
Histologischer Querschnitt eines humanen dreidimensionalen Hautäquivalents mit stratum corneum.
Dreidimensionales Hautäquivalent
Dreidimensionales Hautäquivalent aufgebaut aus Biopsiematerial eines Europäers.
Dreidimensionales Hautäquivalent
Dreidimensionales Hautäquivalent aufgebaut aus Biopsiematerial eines Negriden.

Die Fraunhofer-Gesellschaft wird in diesem Jahr erstmalig mit einem Gemeinschaftsstand auf der BioTechnica, die vom 5. bis 7. Oktober in Hannover stattfindet, vertreten sein. Das Fraunhofer IGB ist dabei in Halle 4, Stand H12.

Strahlende Schönheit, Pflege für die reife Haut, einen reinen Teint - das alles und noch viel mehr verspricht uns die Kosmetikindustrie, wenn wir die entsprechenden Pflegeprodukte kaufen. Bevor die angepriesenen Cremes, Körperlotionen und pharmakologischen Tinkturen jedoch auf den Markt kommen, müssen sie auf ihre Hautverträglichkeit und Wirkung untersucht werden. Bei diesen Tests sind Tierversuche oft unvermeidlich. Doch immer mehr Verbraucher – und auch der Gesetzgeber – wollen nicht, daß Tiere für die Schönheit leiden müssen. Auf der BioTechnica stellen Forscher vom Fraunhofer-Institut für Grenzflächen und Bioverfahrenstechnik IGB eine neuartige Alternative und Ergänzung zu Tierversuchen vor: das neue Haut-Testsystem AST-2000 – ein dreidimensionales Vollhautmodell –, das im Auftrag der Firma CellSystems entwickelt wurde.

Bislang wurden als Alternative zu Tierversuchen Tests an Zellkulturen oder tierischem Biopsiematerial gemacht. Ihre Aussagekraft ist leider oft zu ungenau oder nicht umfassend genug gewesen. Der Grund: In den meisten Alternativverfahren werden Einzelzellen tierischen oder humanen Ursprungs eingesetzt oder es wird nur ein Zelltyp – zum Beispiel der Oberhaut (Epidermis) – für den organähnlichen Aufbau verwendet. Wechselwirkungen mit der Unterhaut (Dermis) können daher nicht untersucht werden. »Eine bessere Ergänzung zu Tierversuchen sind organotypische Kulturen – eine Art künstliche Haut – wie z. B. dreidimensionale humane Hautmodelle. Sie bestehen aus dermalen und epidermalen Komponenten und sind daher mit der natürlichen Haut physiologisch vergleichbar«, erläutert Dr. Thomas Graeve. Dem Forscher vom IGB ist es gelungen, aus menschlichem Biopsiematerial ein solches dreidimensionales Vollhautmodell zu entwickeln. Das Hautäquivalent besteht aus dermalen Fibroblasten (Unterhaut) und einer mehrschichtigen Epidermis mit Verhornungsschicht (stratum corneum). Dieses Hautmodell kommt in seiner Struktur und Funktion der lebenden, natürlichen Haut sehr nahe. »Die organotypische Funktion des Modells wurde zum Beispiel durch die Neubildung der Basallamina – einer Grenzschicht zwischen Epidermis und Dermis – nachgewiesen«, berichtet der IGB-Wissenschaftler.

Das dreidimensionale Vollhautmodell kann vielfältig eingesetzt werden. Es eignet sich zum Beispiel als alternatives Testsystem für Kosmetika: Mit diesem in-vitro-Modell kann geprüft werden, ob bestimmte Cremes Hautirritationen oder allergische Reaktionen hervorrufen. Das System kann sogar im pharmakologischen Bereich eingesetzt werden, etwa bei Untersuchungen zur Wundheilung. Auch immunologische, histologische und molekularbiologische Untersuchungen sind mit dem AST-2000 möglich. Die Forscher wollen das Testsystem künftig noch erweitern. So sollen zum Beispiel gezielt Melanocyten (Pigmentzellen) in die Epidermis eingebracht werden, um die Wirkung von Bräunungscremes zu prüfen. In der Industrie wird das neue Vollhautmodell bereits angewendet: Die Firma CellSystems bereitet derzeit die weltweite Vermarktung des Testsystems vor.