Blockierter Pilz

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Welche Waffen benutzt Candida albicans? Wie gelingt es dem Pilz die menschlichen Schleimhäute zu infizieren und sogar in Organe einzudringen? Welche Wirkstoffe bremsen ihn? Der Fraunhofer-Forscher Steffen Rupp geht diesen Fragen auf den Grund und wird dafür am 9. September mit dem Forschungs-Förderpreis 2005 der Deutschsprachigen Mykologischen Gesellschaft ausgezeichnet.

Candida im Genprofil Fraunhofer-Forscher aus Stuttgart haben die Genchip-Technik entscheidend verbessert: Die Tests liefern wesentlich zuverlässigere Ergebnisse, wenn die Reaktionsoberfläche mit Nanopartikeln beschichtet wird. Mit dem neuen Verfahren haben die Biologen herausgefunden, warum einer der häufigsten Hautpilze so schwer zu bekämpfen ist. Bild: Die Virulenz der unterschiedlichen Candida-Stämme wird an Gewebemodellen untersucht.
Für seine Forschungsarbeiten um den weit verbreiteten, potenziell pathogenen Pilz Candida albicans erhält Steffen Rupp vom Fraunhofer IGB am 9. September den Forschungsförderpreis 2005 der Deutschsprachigen Mykologischen Gesellschaft.

Der Hefepilz Candida albicans ist weit verbreitet. Jeder zweite Europäer trägt die Keime in sich. Für gesunde Menschen ist er ungefährlich: Pilzerkrankungen der Haut, der Schleimhäute oder des Darmes lassen sich medikamentös behandeln. Doch für Patienten mit geschwächtem Immunsystem – die Folge von schweren Infektionen oder chemotherapeutischer Behandlung – kann er lebensbedrohlich werden: Der Pilz dringt in die Blutbahnen ein, infiziert und zerstört die Organe. Allein in Deutschland sterben jährlich mehrere Tausend Menschen an Candida-Infektionen. Gegen viele der derzeit verfügbaren Medikamente ist der Pilz bereits resistent.

Wie ein normalerweise harmloser Pilz für den Menschen lebensgefährlich werden kann, erforscht der Chemiker Dr. Steffen Rupp mit seiner Arbeitsgruppe am Stuttgarter Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB. Candida albicans besitzt die Fähigkeit, sich mit bestimmten Proteinen – den Adhäsinen – an die menschlichen Schleimhäute anzuheften und diese durch spezielle Enzyme wie Proteasen und Lipasen aufzulösen. Deshalb kann der Pilz im schlimmsten Fall bis in die Organe vordringen und diese zerstören.
»Wir haben genomweite molekulare Analysemethoden entwickelt, um diese Proteine und die Abläufe in der Zelle untersuchen zu können: Mit unseren DNA-Microarrays, die alle 7200 Gene des Pilzes umfassen, können wir auf genetischer Ebene untersuchen, wo der Schlüssel zur virulenten, hyphebildenden Candida-Zelle liegt. Mit Proteom-Analysen haben wir Proteine identifiziert, die für die Ausbildung der Virulenz, z. B. für die Bildung von der Adhäsine oder Hyphen von Bedeutung sind. Dann haben wir ein Gewebemodell aus im Labor hergestellter Haut aufgebaut, mit dem wir eine Infektion im Reagenzglas simulieren konnten. Auf diese Weise konnten wir die Infektionsmechanismen von Candida albicans im Detail studieren. Dabei stellte sich heraus, dass ein komplexes Netzwerk von Regulationsmechanismen die Besiedlung und Infektion des Patienten-Gewebes ermöglicht. Diese Mechanismen werden gegenwärtig entschlüsselt und haben bereits zur Entdeckung einiger neuer Proteine geführt, die für eine Infektion durch Candida albicans notwenig sind«, erklärt Rupp.

Die Ergebnisse sind die Voraussetzung für die Entwicklung neuer, wirkungsvoller Medikamente gegen den Pilz. In einem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützten Verbundprojekt suchen die Fraunhofer-Forscher zusammen mit einem interdisziplinären Team nach solchen Wirkstoffen.

Die Deutschsprachige Mykologische Gesellschaft würdigt Rupps Leistungen jetzt mit der Verleihung des Forschungsförderpeises 2005. »Der Preis ist eine hohe fachliche Auszeichnung. Sie zeigt, dass es uns gelungen ist, mit Methoden der Grundlagenforschung, anwendungsorientiert zu arbeiten«, resümiert Rupp. »Am meisten freut mich, dass uns mit unserer Arbeit der Brückenschlag zwischen Naturwissenschaft und Medizin gelungen ist.«