Landesregierung stellt Strategie Nachhaltige Bioökonomie in Brüssel vor

Nachhaltige Bioökonomie – Fraunhofer IGB begleitet Strategieprozess des Landes Baden-Württemberg

Fraunhofer IGB Presseinformation /

Am 25. September 2019 präsentierte die Landesregierung die neue Strategie »Nachhaltige Bioökonomie für Baden-Württemberg« in der Landesvertretung bei der EU in Brüssel. Dr.-Ing. Ursula Schließmann, Bioökonomie-Expertin am Fraunhofer-Institut für Grenzflächen-und Bioverfahrenstechnik IGB, hat den Prozess als Mitglied des Beirats begleitet.

»Wenn wir Bioökonomie im Sinne eines ganzheitlichen Ansatzes umsetzen, können die vorhandenen biologischen Ressourcen durch innovative Verfahren nachhaltiger als bisher genutzt und neue Anwendungsfelder durch interdisziplinäre Zusammenarbeit erschlossen werden«, resümiert Dr.-Ing. Ursula Schließmann, die am Fraunhofer IGB für das Geschäftsfeld Umwelt verantwortlich ist. Von 2017 bis 2019 begleitete sie als Technologie-Expertin den Strategieprozess der Landesregierung als Technologie-Expertin im Expertenboard. »Eine Schlüsselrolle spielen dabei neue dezentrale Wertschöpfungsketten.«

Mit der Landesstrategie Nachhaltige Bioökonomie, die am 4. Juni 2019 im Kabinett verabschiedet wurde, setzt die Landesregierung den Rahmen für eine nachhaltige Entwicklung der biobasierten Wirtschaft. Unter dem Titel »Landesstrategie Nachhaltige Bioökonomie: Baden-Württemberg – Modell für Europa« luden der Minister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft des Landes Baden-Württemberg, Franz Untersteller MdL, und der Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg, Peter Hauk MdL, nun in die Vertretung des Landes Baden-Württemberg bei der Europäischen Union in Brüssel ein.

Das Stuttgarter Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB nutzte die Gelegenheit, seine Schwerpunktthemen im Bereich Bioökonomie und Umwelt zu präsentieren. Ausgehend vom gesellschaftlichen Mehrwert nachhaltiger Produkte fokussiert das Institut seine Arbeiten seit mehr als 40 Jahren auf die Entwicklung biotechnologischer Prozesse und biobasierter Produkte, die vor allem in den Branchen Medizin und Diagnostik, Lebensmittelverarbeitung, Chemie, Umwelttechnik und erneuerbare Energie Anwendung finden.

»Die Transformation der Wirtschaft in eine nachhaltige Bioökonomie über die Entwicklung innovativer Verfahren ist Kern unserer Arbeiten am Fraunhofer IGB. Dabei stehen neben der Nutzung biogener Roh- und Reststoffe insbesondere der Einsatz und die Weiterentwicklung biotechnologischer und bioverfahrenstechnischer Prozesse und die Nutzung geeigneter Mikroorganismen im Fokus«, erläutert Schließmann. »Mit integrierten Ansätzen für Wasser, Energie, Landwirtschaft und Chemie haben wir dabei schon frühzeitig industrielle Wertschöpfung und Umweltaspekte als Lösung für nachhaltiges Wirtschaften miteinander verknüpft«.

Nachhaltige Wertschöpfung durch Bioökonomie und biologische Transformation

»Bioabfälle oder nachwachsende Rohstoffe zur Herstellung von Chemikalien, Pharmazeutika oder Verpackungen zu verwenden, ist lediglich der Anfang auf dem Weg zu einer klimaneutralen Kreislaufwirtschaft, in der die Bioökonomie bereits heute eine wichtige Rolle spielt«, ist auch Institutsleiter Dr. Markus Wolperdinger überzeugt. »Als einer der Vorreiter der biologischen Transformation überführen wir am Institut in interdisziplinären Ansätzen Prinzipien aus der Biologie in technische Anwendungen. Mit integrierten biologischen und technischen Systemen, dem Einsatz von neuartigen Sensoren und der Nutzung von digitalen Technologien, werden wir zukünftig die industrielle Wertschöpfung in vielen Bereichen verändern und neue Lösungen für Herstellungsprozesse in die Umsetzung bringen.«

Landwirtschaftliche Nutzflächen in der vietnamesischen Stadt Da Nang: Zukünftig können die Bewohner gereinigtes Abwasser nutzen, um die Beete zu bewässern.
© Fraunhofer IGB
Landwirtschaftliche Nutzflächen in der vietnamesischen Stadt Da Nang: Zukünftig können die Bewohner gereinigtes Abwasser nutzen, um die Beete zu bewässern.
Mikroalgen liefern zahlreiche funktionelle Inhaltsstoffe, die auch als Biostimulantien für die Pflanzenstärkung eingesetzt werden können.

Von der Natur inspiriert: Wasser und Abfall als Ressource

Wasserwiederverwendung und Wasserkreisläufe sind aktuelle Ziele, die das Fraunhofer IGB im Bereich Umwelt verfolgt. Nach dem Vorbild natürlicher Stoffkreisläufe arbeiten die Forschenden am IGB beispielsweise an Technologien, um industrielle Prozesswässer möglichst mehrfach zu verwenden. Hierzu werden werthaltige Inhaltsstoffe mit verschiedenen Verfahren zurückgewonnen oder im Kreislauf geführt und nur die nicht verwertbaren Verunreinigungen bzw. Schadstoffe selektiv entfernt.

Auch für kommunales Abwasser hat das Institut verschiedene Lösungen entwickelt, Inhaltsstoffe zu nutzen. »So verfolgen wir den Ansatz, durch die Vergärung organischer Substanz im Abwasser Energie in Form von Biogas zu gewinnen«, erklärt Schließmann. Je höher dabei die organischen Inhaltsstoffe konzentriert sind, desto effizienter kann das Biogas gebildet werden. »Bei der Rückgewinnung von Inhaltsstoffen aus Prozesswässern der Agroindustrie oder kommunalen Kläranlagen als Dünger kombinieren wir die Wasserreinigung mit einer stofflichen Wertschöpfung«, so die Umwelt- und Bioökonomie-Expertin. Und das gereinigte Wasser soll etwa auch zur Bewässerung in der Landwirtschaft zur Verfügung stehen, um Grundwasserreserven zu schonen und die Konkurrenz um die Ressource Wasser – nicht nur in Zeiten anhaltender Trockenheit – zu mindern.

»Oder wir setzen nährstoffreiches gereinigtes Abwasser zur Kultivierung von Mikroalgen ein. Die Algen binden CO2 und produzieren daraus verschiedenste Biopolymere, die sich als Zusatzstoffe für Futtermittel, als Pflanzenstärkungsmittel oder auch als Biokunststoffe einsetzen lassen. Damit leisten wir einen weiteren Beitrag zum Klimaschutz«, ergänzt Schließmann.

Die Lösungen, an denen das Institut arbeitet, bieten daher schon jetzt Ansätze, die Ziele der Landesstrategie »Nachhaltige Bioökonomie« zu unterstützen und Konzepte zu industriereifen Technologien weiterzuentwickeln.