Neue bioabbaubare Knochenersatzmaterialien für die regenerative Medizin


Ausgangssituation
In unserer alternden Gesellschaft leidet eine wachsende Zahl von Patienten an Defekten des Skelettes, verursacht durch Verletzungen, Krebs oder andere Knochenerkrankungen. Das Interesse an der Entwicklung neuer dreidimensionaler Knochenersatzmaterialien ist daher groß. Die Herausforderung besteht darin, neue zukunftsweisende Wege zur Herstellung klinisch verwendbarer Trägermaterialien und Implantate zu entwickeln.
Materialentwicklung
Die Anwendung additiver Herstellungsverfahren für dreidimensionale Implantate, die der natürlichen Knochenstruktur sehr ähnlich sind, hat ein großes Potenzial für die personalisierte Medizin. Obwohl es heute schon möglich ist, die komplexe Struktur des natürlichen Knochens mit additiven Verfahren nachzustellen, ist es bisher bei keinem Material (weder bei Metall noch bei polymeren Materialien) möglich, eine verbesserte Adhäsion der Knochenzellen zu induzieren. Der vielversprechendste Ansatz hier ist, verbesserte Beschichtungstechniken und Verbundmaterialien zu verwenden.
Neue Hybridscaffolds mit kontrollierter Porenhierarchie
Im internationalen, vom BMBF geförderten Projekt INTELBIOCOMP erfolgte die Entwicklung eines neuartigen 3D-Polymer-Knochenersatzmaterials auf der Basis von Polycaprolacton (PCL), welches die Einheilung in den Knochen beschleunigen soll. An der polytechnischen Universität Tomsk, Russland, wurde ein derartiges Trägermaterial mit unterschiedlicher Orientierung der Polycaprolactonfasern hergestellt. Die unterschiedliche Orientierung der Fasern ist einerseits hilfreich bei der Nachbildung der extrazellulären Matrix. Andererseits soll eine zusätzliche Modifizierung der Oberfläche mit Silicium-Hydroxylapatit die Bioaktivität und das Knochenwachstum des neuen Hybridmaterials verbessern.
Biologische Validierung der neu entwickelten Materialien
Die Zellvitalität ist von großer Bedeutung für die klinische Anwendung von Knochenersatzmaterialien. Deshalb ist es wichtig, die Bioaktivität des neu entwickelten Hybridmaterials zu untersuchen. Am Fraunhofer IGB erfolgte die Analyse der zelladhäsiven und osteoinduktiven Eigenschaften dieser Materialien an humanen mesenchymalen Stammzellen (engl. human Mesenchymal Stem Cells, hMSC). Die Abteilung Zell- und Tissue-Engineering besitzt langjährige Erfahrung in der Entwicklung derartiger Testverfahren. Hier konnten wir zeigen, dass die Adhäsion und Proliferation von hMSC signifikant durch das neuartige Design des entwickelten Hybridmaterials verbessert werden konnte.
Ausblick
Ein Ergebnis des Projektes ist, Methoden aus der Grundlagenforschung der Biomaterialentwicklung auf dem Gebiet der maßgeschneiderten Implantate mit den Bedürfnissen der Wirtschaft zu kombinieren. Durch die neuartigen Herstellungsverfahren können Herstellzeiten und -kosten für den individuellen Knochenersatz deutlich reduziert und Lücken in der Implantatherstellung geschlossen werden. Dadurch, dass die Implantate der individuellen medizinischen Situation exakt angepasst werden können, ergeben sich sehr gute Chancen auf eine erfolgreiche Markteinführung. Durch die Zusammenarbeit mit Russland entstehen hier besonders vielversprechende Möglichkeiten, da das Wirtschaftsgebiet damit weit über den europäischen Markt hinausgeht. Die im Rahmen des Gesamtprojekts entwickelten zellbasierten Testverfahren zur Bestimmung der Zelladhäsion und der Osteoinduktion stehen nach Abschluss des Projekts am Fraunhofer IGB für Tests verschiedener Knochenersatzmaterialien zur Verfügung.