TOPAS-COVID19 – Untersuchung inhalationstoxikologischer Effekte von Mundschutzmasken

Beim Atmen durch Mundschutzmasken können Substanzen aus dem Maskenmaterial über die Atemluft in die Lunge gelangen. Für die Untersuchung inhalationstoxischer Effekte solch luftgetragener Substanzen haben wir eine Reporterzelllinie zum Nachweis von Allergie und Asthma auslösenden Effekten an spezielle Kulturbedingungen adaptiert und in einem am Fraunhofer ITEM entwickelten Kultur- und Expositionssystem zur Untersuchung luftgetragener Substanzen als In‑vitro‑Testsystem etabliert.

Testsystem zur standardisierten Untersuchung inhalationstoxikologischer Effekte luftgetragener Substanzen

Übertragung des Expositionsprinzips auf die In-vitro-Prüfsituation.
© Fraunhofer IGB
Übertragung des Expositionsprinzips auf die In-vitro-Prüfsituation.
Well-Platte mit Inserts, in denen Sensor- und Reporterzellen des In-vitro-Inhalationssystems exponiert werden.
© Fraunhofer ITEM
Well-Platte mit Inserts, in denen Sensor- und Reporterzellen des In-vitro-Inhalationssystems exponiert werden.

Für medizinische Mundschutzmasken sind Anforderungen wie Filterleistung, Atmungsaktivität und Biokompatibilität sowie zugehörige Prüfverfahren gesetzlich definiert. Die Norm zur Beurteilung von Medizinprodukten (DIN EN 10993) gibt für biologische Effekte wie Toxizität, Irritation und Allergie lediglich einen Kontakt des Medizinprodukts/Materials zu Haut oder Körperflüssigkeiten vor. Beim Atmen durch Masken können unerwünschte respirationstoxikologische Effekte durch freigesetzte, luftgetragene Substanzen hervorgerufen werden, welche aus der Maske in die Lunge gelangen – auch bei sehr geringen Konzentrationen in der eingeatmeten Luft. Dies kann von einer Reizung oder Irritation der Atemwege langfristig bis zu Allergien oder Asthma führen. Eine standardisierte/normierte Untersuchung der luftgetragenen Exposition unter respirationstoxikologischer Sicht ist weder gesetzlich vorgegeben noch verfügbar.

 

Kultur- und Expositionssystem zur Untersuchung luftgetragener Substanzen

Basierend auf einem von Fraunhofer ITEM patentierten Kultur- und Expositionssystem für luftgetragene Testsubstanzen wurde eine einzigartige In‑vitro‑Testbatterie zur Untersuchung respirationsbiologischer Wirkungen von Mundschutzmasken etabliert. Der P.R.I.T.® ExpoCube® erlaubt die Exposition von Zellen an der Luft-/Flüssigkeitsgrenze (Air‑Liquid interface (ALI)‑Kulturen). Hiermit können relevante Endpunkte respirationstoxikologischer Mechanismen untersucht werden.

Reporterzelllinien zum Nachweis von Allergie und Asthma auslösenden Effekten

Neben dem Einsatz kommerzieller Zelllinien zur Untersuchung toxischer und/oder irritativer Wirkungen etablieren wir im Innovationsfeld Zell- und Gewebetechnologien Indikatorzelllinien, mit denen Effekte untersucht werden können, die zur Ausbildung von Allergien und Asthma führen. Die Basis hierzu sind am Fraunhofer IGB patentierte Indikatorzelllinien (EP 2 041 172 B1) mit humanen Rezeptoren des angeborenen Immunsystems, die für die Aktivierung des Immunsystems verantwortlich sind (Toll‑like Rezeptoren, TLR). Eine TLR‑Aktivierung der Reporterzellen führt über intrazelluläre Signalwege zu einer Expression des Reportergens. Über das Reporterprotein, hier eine sekretierte Alkalische Phosphatase (SEAP), kann durch Zugabe eines geeigneten Substrates eine Rezeptoraktivierung direkt über eine Farbumschlagsreaktion quantifiziert werden.

Um diese submers kultivierten Zellen erstmalig zur Untersuchung luftgetragener Substanzen einsetzen zu können, wurden sie erfolgreich an die Bedingungen einer ALI‑Kultivierung adaptiert. Zur Vervollständigung des In‑vitro‑Testsystems wurden in einem Screening zudem geeignete verdampfbare Substanzen als Positivkontrollen identifiziert.

Reporterzellen, die Toll-like-Immunrezeptoren überexprimieren.
Reporterzellen, die Toll-like-Immunrezeptoren überexprimieren.

Demonstration der Funktionalität des Testsystems anhand einer Modellkontamination

Eine Anwendung des Testsystems auf die Entwicklung tragephysiologisch optimierter alltagstauglicher Schutzmasken im Rahmen des übergeordneten Verbundprojekts TOPAS‑COVID19 wurde erfolgreich am Beispiel von Formaldehyd als Modellkontamination gezeigt. Hierbei wurde auf Basis vorhandener Grenzwerte nicht nur konzeptionell, sondern auch im quantitativ relevanten Konzentrationsbereich möglicher Filterkontaminationen eine realistische Prüfsituation erfolgreich nachstellt.

Projektinformationen

Projekttitel

TOPAS-COVID19 – Tragephysiologisch optimierte alltagstaugliche Schutzmasken
Teilvorhaben: Entwicklung eines experimentellen Ansatzes zur Untersuchung inhalationstoxikologischer Effekte von alltagstauglichen Schutzmasken

 

Projektlaufzeit

Dezember 2020 – November 2022

 

Projektpartner

  • bagjack handmade, Berlin
  • ORANGE Engineering Ost GmbH & Co.KG, Lichtentanne
  • Spengler & Fürst GmbH & Co. KG, Crimmitschau
  • Strick Zella GmbH & Co. KG, Zella
  • Sächsisches Textilforschungsinstitut e.V., Chemnitz (Koordination)
  • Fraunhofer IGB, Stuttgart
  • Fraunhofer ITEM, Hannover

Förderung

Wir danken dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) für die Förderung des Projekts »TOPAS-COVID19 «, Förderkennzeichen 03COV13B, im Programm »Nachhaltige regionale Innovationsinitiativen«.

Bundesministerium für Bildung und Forschung.