Anaerobe Behandlung von organischen Abfällen am Beispiel Brasilien

Die Vergärung organischer Reststoffe stellt eine Alternative zur Abfallverwertung dar, bei der mit Biogas ein wertvoller Energieträger anfällt. Während in Deutschland Biomüllvergärungsanlagen weit verbreitet sind, wird diese Technik in Brasilien noch nicht angewendet. Der Hausmüll gelangt in Brasilien nach der Sammlung meist zusammen mit anderem Müll auf Deponien. Der brasilianische Hausmüll besteht bis zu zwei Dritteln aus organischen Anteilen. Eine energetische Nutzung durch Umsetzung des verwertbaren Anteils organischer Abfälle zu Biogas wird derzeit nicht praktiziert.

Biogas und Dünger aus Küchenabfällen

Das Fraunhofer IGB hat im Rahmen des vom BMBF geförderten Forschungsprojekts »Dezentrale Wasserver- und -entsorgung verbunden mit Stoff- und Energiegewinnung unter Berücksichtigung hygienischer Aspekte für die Region Piracicaba« beim Departemento de Água e Esgoto (DAE) in Americana, einer Stadt im Staat São Paulo, eine Bioreaktoranlage zur Vergärung von organischen Abfällen aufgebaut. Sie dient dort Lehr- und Ausbildungszwecken sowie der Ermittlung von Grundlagendaten. Die Anlage wird eingesetzt zur anaeroben Vergärung von Küchenabfällen, die in der Kantine des Wasserwerks bei DAE anfallen. Bei der anaeroben Umsetzung wird gleichzeitig die Menge an verbleibender Organik deutlich reduziert. Der Ablauf der Anlage ist ein wertvoller Dünger, da sowohl Phosphor als auch Stickstoff sowie die Mineralsalze bei der anaeroben Umsetzung erhalten bleiben. Das entstehende Biogas ist ein regenerativer Energieträger, der praktisch genauso wie Erdgas eingesetzt werden kann.

Funktionsprinzip der Biomüllvergärungsanlage

Schema der Biomüllvergärungsanlage.
Schema der Biomüllvergärungsanlage.
Exkursion zum »Biodigestor«.
Exkursion zum »Biodigestor«.

Bild (links) zeigt das Schema der Biomüllvergärungsanlage. Zum Betrieb wird das zu vergärende Gut mit Hilfe eines Mixers unter Zugabe von Wasser auf maximal 10 Prozent Feststoffgehalt angemaischt und im Vorratsgefäß B01 gelagert. Das Rührwerk durchmischt den Behälterinhalt vor und während jeder Zufuhr zum Reaktor. Mit Hilfe der Zulaufpumpe P01 (Exzenterschneckenpumpe) wird der Bioreaktor B02 periodisch mehrmals täglich mit den angemaisch-ten organischen Abfällen beschickt. Der Bioreaktor B02 wird durch Gaseinpressung durchmischt. Die hydraulische Aufenthaltszeit im Bioreaktor beträgt etwa 10 Tage. Der Bioreaktor wird mit Hilfe eines Heiz-/Kühlthermostaten auf etwa 30-37 °C temperiert (mesophiler Betrieb), weil in diesem Temperaturbereich eine angepasste anaerobe Mischpopulation von Mikroorganismen optimal arbeitet. Die Menge des gebildeten Biogases wird durch einen Gaszähler registriert. Die gesamte Steuerung der Bioreaktoranlage erfolgt durch eine speicherprogrammierbare Steuerung.

Die Anlage ist direkt neben dem Umweltausbildungszentrum von DAE installiert. Anlässlich des »1º Seminário Internacional de Biotecnologia«, veranstaltet von der Universidade Metodista de Piracicaba und dem Fraunhofer IGB, fand am 18. Oktober 2007 eine Exkursion zum »Biodigestor« statt.