CatMemReac – CO2-Reduktion in der Oxidation von Mikroverunreinigungen – energieintensive Prozesse ersetzt durch neue Sonnenlicht-basierte Prozesse

Zahlreiche Kläranlagen werden derzeit um eine sogenannte vierte Reinigungsstufe erweitert, um Spurenstoffe wie hormonell wirksame Medikamente oder Pestizide aus dem Abwasser zu entfernen. Ziel des deutsch-israelischen Wassertechnologie-Kooperationsprojekts CatMemReac ist den CO2-Fußabdruck in der Wasseraufbereitung zu verringern. Dabei werden bei der Oxidation von Mikroverunreinigungen energieintensive Prozesse durch neue Sonnenlicht-basierte Prozesse ersetzt.

Grüne Kläranlagen durch Spurenstoffentfernung mittels Photokatalyse

Dr. Benjamin Wriedt bei der Probennahme am Vorratsgefäß eines Photoreaktors.
Dr. Benjamin Wriedt bei der Probennahme am Vorratsgefäß eines Photoreaktors.

Herausforderung: Energieintensive Entfernung von Mikroschadstoffen

Vorsorglich und aufgrund neuer Grenzwerte für Mikroschadstoffe [1, 2] werden derzeit zahlreiche Kläranlagen um eine sogenannte vierte Reinigungsstufe erweitert. Dabei werden nach der mechanischen, biologischen und chemischen Behandlung die verbleibenden Reste von Medikamenten, Pestiziden oder Industriechemikalien entfernt. Die aktuell überwiegend eingesetzten Verfahren Ozonierung und Aktivkohleadsorption sind jedoch energieintensiv.

Lösung: Energieeffiziente Technologie für Spurenstoffabbau

Eine potenziell energieeffizientere Methode mit reduziertem CO2-Fußabdruck stellt die Sonnenlicht-getriebene photokatalytische Schadstoffoxidation dar. Im Rahmen des vom BMBF geförderten Forschungsprojekts CatMemReac wird daher in einer Zusammenarbeit der Fraunhofer-Institute IGB und ISI mit der Tel Aviv University, Israel, eine Wassertechnologie zur Entfernung von organischen Spurenstoffen oder Mikroverunreinigungen (OMPs) aus Wasser (Abwasser/Grundwasser) durch einen solar-photokatalytischen Membranreaktor (CatMemReac) weiterentwickelt und demonstriert.

Photokatalyse-Reaktor zur Wasserreinigung
© Fraunhofer IGB
Reaktoraufbau in der Bestrahlkammer
Ansicht des Reaktoraufbaus in Bestrahlungsrichtung (ohne Nickelschaum)
© Fraunhofer IGB
Ansicht des Reaktoraufbaus in Bestrahlungsrichtung (ohne Nickelschaum)

Hybridsystem kombiniert Photokatalyse mit Membranfiltration

Bei CatMemReac handelt es sich um ein Hybridsystem, das die Photokatalyse mit einer vorgeschalteten Niederdruck-Membranfiltration in einem kompakten Design kombiniert. Der auf Photokatalyse basierende, erweiterte Oxidationsprozess (engl. Advanced Oxidation Process, AOP) wird durch Solar- und solarbetriebene Leuchtdioden (LEDs) katalysiert. So können schädliche Spurenstoffe wie das Arzneimittel Carbamazepin rückstandsfrei eliminiert werden.

Für den photokatalytischen Abbau werden neuartige Materialien, etwa heterogene Nanokatalysatoren und Metallschäume mit niedrigen Lebenszykluskosten, in ökoeffizienten Prozessen mit geringem Energiebedarf eingesetzt, um den CO2-Fußabdruck herkömmlicher Wasseraufbereitungsprozesse zu verringern.

Untersuchung des photokatalytischen Abbaus

Derzeit werden am Fraunhofer IGB Reaktoren mit Hochleistungs-LED-Arrays und Titandioxid-beschichteten Nickelschäumen zum photokatalytischen Abbau von Schadstoffen getestet. Am IGB wurden bereits neue, maßgeschneiderte Photoreaktoren designt und reaktionstechnisch charakterisiert, um Zugang zu dimensionslosen Prozesskennzahlen zu erhalten. Auf dieser Basis lässt sich die Leistungsfähigkeit verschiedener Systeme bereits im Labormaßstab objektiv vergleichen, sodass ein optimiertes Konzept für das Scale-up identifiziert werden kann.

Messung der Reinigungsleistung mittels Aktinometrie und Bestimmung des Oxidationspotenzials

Notwendige Werkzeuge zum Verständnis und zur systematischen Optimierung von photokatalytischen Prozessen sind die Aktinometrie und die Bestimmung des Oxidationspotenzials durch freie Radikale. Die experimentelle Konzeption und Durchführung dieser Messungen werden am IGB vorgenommen. Mit den Kenngrößen externe photonische Effizienz und Quantenausbeute lässt sich die maximal mögliche Reinigungsleistung modellieren.

Die Aktinometrie ist ein chemisches Messverfahren, um den im Reaktionsvolumen zur Verfügung stehenden Photonenstrom wellenlängenaufgelöst zu bestimmen. [3] Damit lassen sich Kinetiken aufstellen, Katalysatoren mit höherer Effizienz auswählen und Prozesssimulationen zur Optimierung durchführen. [4, 5]

Die Bestimmung des Oxidationspotenzials durch freie Radikale quantifiziert den nächsten Schritt im Reinigungsprozess, indem die Konzentration an Radikalen gemessen wird, die die Molekülstruktur der Spurenstoffe angreifen und zerstören können. Gemeinsam mit der Aktinometrie können so Effizienzsenken gefunden und beseitigt werden.

Mit Titandioxid beschichtete Nickelschäume (links) werden mit Hochleistungs-LEDs aktiviert. Das verspricht höhere verfügbare Photonenströme und Effizienzen (rechts), sodass die CO<sub>2</sub>-Bilanz verbessert werden kann.
© Fraunhofer IGB
Mit Titandioxid beschichtete Nickelschäume (links) werden mit Hochleistungs-LEDs aktiviert. Das verspricht höhere verfügbare Photonenströme und Effizienzen (rechts), sodass die CO2-Bilanz verbessert werden kann.
Prof. Hadas Mamane bei der Arbeit im Labor mit dem LED-System.
© Tel-Aviv University
Prof. Hadas Mamane bei der Arbeit im Labor mit dem LED-System.

Demonstration und Bewertung auf einer Kläranlage in Israel

Im Projekt CatMemReac wurde die photochemische Reaktorcharakterisierung im Labormaßstab erfolgreich abgeschlossen. Als nächster Schritt erfolgt Anfang 2023 der Bau einer Demonstratoranlage im Pilotmaßstab für den Einsatz in einer Kläranlage vor Ort in Israel.

Mit den erhobenen Experimentaldaten aus dieser Realanwendung wird eine Lebenszyklusanalyse mit Fokus auf die CO2-Bilanz durchgeführt. Aus dieser lässt sich unmittelbar ableiten, in welchem Umfang bei einer Implementierung der photokatalytischen Abwasserreinigung als vierte Reinigungsstufe Treibhausgasemissionen gegenüber dem Stand der Technik eingespart werden können.

Parallel zum Bau des Demonstrators werden weitere Einflussparameter für die Behandlungseffizienz untersucht. Dazu gehören der Einfluss der Porengröße des Nickelschaums, die Bestrahlungszeit und -intensität im Reaktionsraum und die Abbaueffizienz in Abhängigkeit von der Wasser- und Spurenstoffmatrix.

Vorteile und Leistungsangebot

Unser Ansatz – Alleinstellungsmerkmal

Zu den innovativen und einzigartigen Aspekten dieses neuen Ansatzes gehören:

  • Abbau von OMPs durch den Einsatz von solar-katalytischen Membranen, die den Energiebedarf minimieren und einer ökoeffizienten Prozessführung für die Membranreinigung und die Wiederverwendung des Abwassers folgen
  • Entwicklung und Anwendung eines neuen Instruments zur Bewertung des Kohlenstoff-Fußabdrucks über den Lebenszyklus neuer Wasseraufbereitungstechnologien in frühen Stadien der technologischen Entwicklung
Dipl.-Ing. Christiane Chaumette im Labor.
Dipl.-Ing. Christiane Chaumette im Labor.

Testbehandlung von Kundenabwässern

Die Energieeffizienz bei der Reinigung von Abwasser ist nicht nur für kommunale Kläranlagen von elementarer Bedeutung bezüglich der Wirtschaftlichkeit, sondern für alle Unternehmen, in denen schadstoffbelastete Wässer anfallen.

Bei der Entscheidung für die richtige Technologie, die zu den individuellen Kundenbedürfnissen passt, kann das IGB technologie- und firmenunabhängige Beratung anbieten. Energiebedarf, Behandlungszeit und Methodeneffizienz können in Laborversuchen mit Kundenabwässern bewertet werden, um eine Empfehlung zum geeigneten Behandlungsverfahren abzuleiten. Weiterhin bietet das IGB die Bestimmung des Oxidationspotenzials und des verfügbaren Photonenstroms in einer Anlage als Servicemessungen an.

Referenzen

[1] Proposal for a DIRECTIVE OF THE EUROPEAN PARLIAMENT AND OF THE COUNCIL concerning urban wastewater treatment (recast), European Commission, 2022; 26.10.2022 COM (2022) 541 final, ANNEXES 1 to 8

[2] Verordnung des UVEK zur Überprüfung des Reinigungseffekts von Massnahmen zur Elimination von organischen Spurenstoffen bei Abwasserreinigungsanlagen, Das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK), vom 3. November 2016 (Stand am 1. Dezember 2016), 814.201.231

[3] Wriedt, B.; Ziegenbalg, D. (2018) Experimental determination of photon fluxes in multilayer capillary photoreactors, ChemPhotoChem 2(10), DOI: 10.1002/cptc.201800106

[4] Wriedt, B.; Ziegenbalg, D. (2020) Adapting actinometry procedures for use in intensified photoreactors, Chemie Ingenieur Technik 92(9)

[5] Wriedt, B.; Ziegenbalg, D. (2021) Application limits of the ferrioxalate actinometer, ChemPhotoChem 5(10), DOI: 10.1002/cptc.202100122

Weitere Publikationen

V. Kumar, D. Avisar, V.L. Prasanna, Y. Betzalel, H. Mamane (2020): Rapid visible-light degradation of EE2 and its estrogenicity in hospital wastewater by crystalline promoted g-C3N4, Journal of Hazardous Materials, p.122880.

I. Horovitz, V. Gitis, D. Avisar, H. Mamane (2020): Ceramic-based photocatalytic membrane reactors for water treatment–where to next?, Reviews in Chemical Engineering. https://doi.org/10.1515/revce-2018-0036.

T. Peng, J. Pulpytel, I. Horovitz, A.K. Jaiswal, D. Avisar, H. Mamane, J.A. Lalman, F. Arefi-Khonsari (2019): One‐step deposition of nano‐Ag‐TiO2 coatings by atmospheric pressure plasma jet for water treatment: Application to trace pharmaceutical removal using solar photocatalysis, Plasma Processes and Polymers, 16 (6), 1800213.

I. Horovitz, D. Avisar, E. Luster, L. Lozzi, T. Luxbacher, H. Mamane (2018): MS2 bacteriophage inactivation using a N-doped TiO2-coated photocatalytic membrane reactor: Influence of water-quality parameters, Chemical Engineering Journal, 354, 995-1006.

A. Dandapat, I. Horovitz, H. Gnayem, Y. Sasson, D. Avisar, T. Luxbacher, H. Mamane (2018): Solar Photocatalytic Degradation of Trace Organic Pollutants in Water by Bi (0)-Doped Bismuth Oxyhalide Thin Films, ACS omega, 3(9), 10858-10865.

E. Luster, D. Avisar, I. Horovitz, L. Lozzi, M.A. Baker, R. Grilli, H. Mamane (2017): N-Doped TiO2-Coated Ceramic Membrane for Carbamazepine Degradation in Different Water Qualities, Nanomaterials, 31, 7(8). E206. doi: 10.3390/nano7080206.

I. Horovitz, D. Avisar, R. Grilli, A.D. Enevoldsen, D. Di Camillo, M.A. Baker, L. Lozzi, H. Mamane (2016): Carbamazepine degradation using a N-doped TiO2 coated photocatalytic membrane reactor: influence of physical parameters, Journal of Hazardous Materials, 310, 98–107.

N. Meorn, V. Blass, Y. Garb, Y. Kahane, G. Thoma (2016): Why Going beyond Standard LCI Databases is Important: Lessons From A Meta-Analysis of Potable Water Supply System LCAs, International Journal of Life Cycle Assessment, 21(8); 1134–1147.

N. Meorn, V. Blass, G. Thoma (2020): Selection of the Most Appropriate Life-cycle Inventory Dataset: New Selection Proxy Methodology and Case Study Application, Journal of Life Cycle Assessment 25: 771–783.

N. Meorn, V. Blass, G. Thoma (2020): A National Level LCA of a Water Supply System in a Mediterranean-Semi-Arid Climate – Israel as a Case Study, International Journal of Life Cycle Assessment 25: 1133–1144.

I. Reim, B. Wriedt, Ü. Tastan, D. Ziegenbalg, M. Karnahl (2018): Impact of the Type of Reactor and the Catalytic Conditions on the Photocatalytic Production of Hydrogen Using a Fully Noble‐Metal‐Free System, ChemistrySelect 3, 2905–2911.

S. Triemer, M. Schulze, B. Wriedt, R. Schenkendorf, D. Ziegenbalg, U. Krewer, A. Seidel-Morgenstern (2021): Kinetic analysis of the partial synthesis of artemisinin: Photooxygenation to the intermediate hydroperoxide, Journal of Flow Chemistry 11, 641–659.

Projektinformationen

Projekttitel

CatMemReac – CO2-Reduktion in der Oxidation von Mikroverunreinigungen – energieintensive Prozesse ersetzt durch neue Sonnenlicht-basierte Prozesse

 

Projektlaufzeit

Juli 2021 – Juni 2024

 

Kooperationspartner

Förderung

Wir danken dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) für die Förderung des Projekts »CatMemReac«, Förderkennzeichen 02WIL1605.

Bundesministerium für Bildung und Forschung.

Dies erfolgt im Rahmen des Förderprogramms zur Deutsch-Israelischen Technologie-Kooperation Cogeril als Teil der BMBF-Strategie »Forschung für Nachhaltigkeit (FONA)«.